Auch temporär geteilte Selfies hinterlassen bleibenden Eindruck
Luzern – Auch wenn Inhalte auf Social-Media-Plattformen wie beispielsweise Instagram Stories oder Snapchat nur temporär geteilt werden, sollte man sich gut überlegen, was man posten will. Denn der Eindruck bleibt bestehen, wie eine Studie zeigt.
Wurden Inhalte einmal in sozialen Medien geteilt, dann können sie nur sehr schwer oder gar nicht mehr zurückgenommen werden. Ein feuchtfröhliches Partyfoto, das auf positive Reaktionen in sozialen Medien stösst, wird den Protagonistinnen und Protagonisten Jahre später bei der Stellensuche allenfalls zum Verhängnis. Tatsächlich gaben bei einer in den USA durchgeführten Umfrage 93 Prozent der Personalmanagerinnen und -manager an, Stellensuchende auch nach deren Präsenz auf sozialen Medien zu beurteilen. Was dabei zum Vorschein komme, habe einen direkten Einfluss auf die Anstellungschancen.
Plattformen mit grosser Beliebtheit
Hier kommen «vergängliche» soziale Medien wie Snapchat oder Instagram Stories, worauf Inhalte nach einer kurzen Zeit automatisch wieder gelöscht werden, wie gerufen. Auf den ersten Blick erscheint die Vergänglichkeit der Daten als Wundermittel, welches dem Drang sich mitzuteilen und der Wahrung der Privatsphäre gleichermassen entgegenkommt. Tatsächlich werden solche Plattformen immer beliebter, was sich in den Nutzerzahlen beispielsweise von Snapchat (150 Millionen) und Instagram Stories (250 Millionen) zeigt. Letztlich können Inhalte, die nicht mehr existieren, uns später nicht mehr zu schaffen machen, so die gängige Meinung.
Oder doch? Eine verhaltenswissenschaftliche Untersuchung von Forschern der Universität Luzern und der Harvard University weist darauf hin, dass auch Vergänglichkeit kein Allheilmittel gegen die Herausforderungen, die soziale Medien mit sich bringen, ist. Erste Eindrücke bleiben lange haften, auch wenn diese falsch sind. Folglich kann etwa ein indiskretes temporär geteiltes Foto einen längerfristig bleibenden negativen Eindruck hinterlassen – über dessen digitalen Lebenszyklus hinaus.
Inhalt ausschlaggebend, nicht Kanal
Zusätzlich fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Betrachterinnen und Betrachter Indiskretionen direkt auf das Urteilsvermögen der Person beziehen, welche das Foto geteilt hat. Sie berücksichtigen dabei nicht, dass das Foto nur kurzzeitig geteilt wurde, was jedoch aus Sicht der Teilenden die Indiskretion entschuldigt. Solche Asymmetrien in der Beurteilung des Verhaltens anderer sind in der Sozialpsychologie bereits hinreichend dokumentiert:
Betrachter beziehen das Verhalten von Akteurinnen und Akteuren auf deren Persönlichkeitsmerkmale und nicht auf situative Faktoren; und Akteure genau umgekehrt. Folglich wird der Eindruck, der beim Betrachter des Fotos entsteht, primär vom Inhalt auf dem Foto beeinflusst und weniger davon, auf welcher Plattform das Foto genau geteilt wurde. Diese Asymmetrie stellt eine Herausforderung für die Selbstpräsentation in sozialen Medien dar, vor allem wenn die Teilenden sich dessen nicht bewusst sind. Diese Problematik wird dadurch verstärkt, dass die Vergänglichkeit von Daten das Teilen von sensiblen Inhalten generell noch fördert.
Tipp: «längerfristig überlegen»
Reto Hofstetter, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern und Ko-Autor der Studie «Temporary Sharing Prompts Unrestrained Disclosures that Leave Lasting Negative Impressions», rät deshalb: «Auch beim Teilen von Inhalten über Snapchat und Instagram Stories sollte man sich den möglichen längerfristigen Konsequenzen bewusst sein.» Aus der Studie werde ersichtlich, dass der Eindruck beim Betrachter haften bleibe, auch nachdem das Foto nicht mehr verfügbar ist.
«Zusätzlich achten die Betrachter weniger darauf, wie geteilt wird – ob auf einer temporären oder einer permanenten Plattform –, sondern vielmehr darauf, was geteilt wird.» Unangemessene Inhalte würden deshalb nicht automatisch akzeptiert, nur weil diese über Snapchat oder Stories geteilt wurden. «Kurz zusammengefasst: Temporäre Inhalte können permanent in schlechter Erinnerung bleiben.» (Universität Luzern/mc/pg)