Zürich – Gut drei Viertel der Schweizer Bevölkerung wollen nach den Erfahrungen mit Homeoffice, Distant Learning und Online-Shopping während der Corona-Pandemie ihre digitalen Fähigkeiten verbessern. Für Berufstätige geht es dabei auch um Teilhabe an der digitalen Transformation: Sechs von zehn TeilnehmerInnen einer repräsentativen Befragung erwarten, dass Internet und Technologie neue Jobs schaffen werden. Angesichts solcher Perspektiven bleibt die grundsätzliche Einstellung zur Digitalisierung unverändert positiv. Die fünfte Ausgabe der Oliver-Wyman-Studie «Switzerland’s Digital DNA» wird im Rahmen des Schweizer Digitaltags von digitalswitzerland veröffentlicht.
Die mit der Corona-Pandemie verbundenen Einschränkungen haben in der Schweiz, wie in vielen anderen Ländern, die Digitalisierung beschleunigt. Daraus ergibt sich aber auch ein Aufholbedarf, wie die fünfte Ausgabe einer repräsentativen Befragung der internationalen Strategieberatung Oliver Wyman mit rund 1.500 Teilnehmer:innen zeigt. Danach wollen 44% aller Befragten ihre technologischen Fähigkeiten weiterentwickeln. Vor allem bei den Jüngeren ist dieser Wunsch ausgeprägt. Bei 20% aller Befragten geht es dagegen erst einmal darum, sich mit neuen Technologien vertraut zu machen; wobei dies vor allem von älteren Personen geäussert wird. Insgesamt bekundeten 76% der Schweizer Bevölkerung ihren Lernwillen.
Der wachsende Stellenwert digitaler Technologien ist vor allem Berufstätigen sehr bewusst. So erklärten 62%, dass das Internet und Technologien Arbeitsplätze für Menschen schaffen. Gut jeder fünfte Befragungsteilnehmer fürchtet allerdings, mit der Geschwindigkeit des technischen Fortschritts nicht mithalten zu können; das gilt insbesondere für Arbeitskräfte im Gastgewerbe, im Handel und in der öffentlichen Verwaltung.
Digitalisierung erleichtert lebenslanges Lernen
«Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung gibt sich mit ihrem digitalen Status Quo nicht mehr zufrieden», beobachtet Nordal Cavadini, Partner bei Oliver Wyman. «Nach den Erfahrungen in der Pandemie will man die Digitalisierung stärker für sich nutzen und aktiv mitgestalten.» Wenn Arbeitgeber Fachkräfte binden wollen, sollten sie diesen Wunsch aufnehmen und ihre Beschäftigten selber weiterqualifizieren oder ihre Lernbereitschaft finanziell unterstützen. Das Vordringen von E-Learning erleichtert die Fortbildung. Nach Überzeugung von 75% der Befragten vereinfachen Internet und Technologie den Lernprozess.
Diana Engetschwiler, Verantwortliche für den Schweizer Digitaltag, eine Initiative von digitalswitzerland, sagt: «Die digitale Souveränität der Schweizer Bevölkerung steht seit Anbeginn im Mittelpunkt des Digitaltags. Der digitale Wandel kann nur mitgestaltet werden, wenn die Menschen bei der digitalen Transformation mitgenommen werden. Anliegen des nationalen Digitaltags ist es, die Menschen in den offenen Diskurs über die Transformation einzubeziehen und Weiterbildungsangebote zu machen, um die Selbstinitiative für lebenslanges Lernen zu entfachen.»
Auch in anderen Lebensbereichen sehen die Schweizer die Vorteile der laufenden Digitalisierung. Internet und Technologien vereinfachen für 80% die Mobilitätsplanung und für 68% die demokratischen Beteiligungsmöglichkeiten. Angesichts solcher Vorteile sehen drei von vier Befragten die Digitalisierung als Chance für die Schweiz.
Vor allem im Gesundheitsbereich sind die Schweizer offen für Veränderungen. Sechs von zehn Befragten helfen Internet und Technologien schon heute, gesünder zu leben. Kolja Dutkowski, Principal bei Oliver Wyman und Digitalexperte, mahnt zur Eile: «Die Digitalisierung ist eine Riesenchance für den Gesundheitssektor, das bisherige Angebot zu personalisieren und die Effizienz zu steigern. Je früher die Beteiligten spürbare Fortschritte machen, desto grösser die Möglichkeit Vorbehalte abzubauen.»
Zurückhaltung bei Datenweitergabe an Technologiefirmen und Online-Händlern
Über alle Branchen hinweg vertraut die Schweizer Bevölkerung Spitälern, Ärzten und Krankenkassen mehr als jedem anderen Wirtschaftszweig, wenn es um die Weitergabe persönlicher Daten geht. Der Umfrage zufolge trifft dies auf 69% zu. Ähnlich positiv beurteilen die Befragten ansonsten nur ihre Banken und den Wissenschaftsbereich (Universitäten, Hochschulen, Forschungsinstitute). Misstrauen herrscht dagegen vor allem gegenüber Online-Händlern und Technologiefirmen. Lediglich 24% der Befragten vertrauen diesen wachstumsstarken Wirtschaftszweigen; 56% mangelt es daran. Für die heimischen Online-Händler enthält die Umfrage aber auch eine positive Botschaft: Sie konnten von den pandemiebedingten Mehreinkäufen über das Web stärker profitieren als ausländische Wettbewerber.
Das Thema Vertrauen und damit verbunden ein restriktiver Umgang mit Daten wird Unternehmen weiter beschäftigen. 61% betonten, dass sie nur ungern Daten an Dritte weitergeben würden. Die anhaltende Skepsis resultiert unter anderem aus der Sorge um Cyberangriffe. Gut 70% der Schweizer Bevölkerung geht davon aus, dass Internet und Technologie zu einem Anstieg der Cyberkriminalität führen. Oliver-Wyman-Branchenkenner Dutkowski fordert die Wirtschaft zum Handeln auf: «Im digitalen Zeitalter haben Daten eine zentrale Bedeutung. Wer diese nutzen will, muss seinen Kunden höchste Sicherheitsstandards gewährleisten und transparent kommunizieren.»
Beim Schutz ihrer Daten und der weiteren Verbreitung digitaler Technologien wollen sich die Schweizer allerdings nicht allein auf Unternehmen verlassen. Die Mehrzahl der Befragten hält nach wie vor eine verstärkte Regulierung des Technologiesektors für nötig. Oliver Wyman-Partner Cavadini fordert einen stärkeren Dialog: «Politik und Wirtschaft müssen eine gute Balance der unterschiedlichen Interessen finden, damit die nächste Stufe der Digitalisierung gelingt.» Die Bereitschaft der Schweizer Bevölkerung mitzuziehen, ist auf jeden Fall gegeben; auch dies zeigt die aktuelle Umfrage. (digitalswitzerland/mc)