Einigung auf Digital-Gesetz: EU legt Big Tech Fesseln an

Einigung auf Digital-Gesetz: EU legt Big Tech Fesseln an
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Verstager. (Foto: EC)

Brüssel – Für Tech-Riesen wie Facebook und Google gelten in der EU künftig deutlich strengere Regeln. Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments haben sich auf eine umfassende Regulierung für die grossen Internet-Unternehmen geeinigt: das Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA). Dies soll die Marktmacht der Internetriesen einhegen, für faireren Wettbewerb sorgen und Verbrauchern mehr Wahlfreiheit bei Online-Angeboten verschaffen.

Verbraucherschützer lobten die Einigung vom späten Donnerstagabend als Meilenstein, der den Nutzern grosse Vorteile bringen werde. Schädliches Verhalten der Unternehmen werde im Keim erstickt, anstatt zu warten, bis der Schaden angerichtet sei. «Dies ist ein grosser Moment für Verbraucher und Unternehmen, die unter den schädlichen Praktiken von Big Tech gelitten haben», sagte Ursula Pachl vom europäischen Verbraucherverband am Freitag.

«Neue Ära der Tech-Regulierung»
Der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab, der den DMA für das Europaparlament verhandelt hat, sprach von einer «neuen Ära der Tech-Regulierung». EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager machte deutlich, dass das analoge Wettbewerbsrecht mit seinen jahrelangen Verfahren bislang nicht ausreichend war. Die Dänin zählte auf, dass sie sich derzeit mit dem vierten Google-Fall beschäftige, es habe zwei Amazon -Fälle gegeben und zwei weitere seien offen, ausserdem gebe es drei Apple -Fälle und einen Facebook-Fall.

In bestimmten Fällen könne man illegales Verhalten bestrafen, sagte Vestager. «Aber wenn die Dinge systemisch werden, nun, dann brauchen wir auch Regulierung.» Sie verwies darauf, dass auch andere Länder wie die USA und Grossbritannien an ähnlichen Vorhaben arbeiten.

Digital Markets Act als Teil eines grossen Digital-Pakets
Sie hatte den DMA zusammen mit Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton im Dezember 2020 als Teil eines grossen Digital-Pakets vorgeschlagen. Der zweite Teil ist das Gesetz über Dienste (Digital Services Act, DSA), über das Parlament und EU-Staaten noch verhandeln. Der DSA befasst sich mit gesellschaftlichen Aspekten wie Hassrede oder gefälschten Produkten. Zuletzt hat die EU sich Anfang des Jahrtausends umfassende Regeln für das Internet gegeben.

Der DMA zielt nun auf bestimmte Unternehmen, die für gewerbliche Nutzer ein wichtiges Zugangstor zum Endverbraucher sind. Diese «Gatekeeper» müssen bestimmte Regeln beachten. Zunächst dürften Schwab zufolge 10 bis 15 Unternehmen unter den DMA fallen. Alphabet (Google), Apple, Meta (Facebook, WhatsApp, Instagram), Amazon und Microsoft dürften dazu gehören.

Unternehmen fallen unter den DMA, wenn sie einen Jahresumsatz von mindestens 7,5 Milliarden Euro oder eine Marktkapitalisierung von mindestens 75 Milliarden Euro haben. Zudem müssen sie einen sogenannten zentralen Plattformdienst mit mindestens 45 Millionen aktiven Nutzer und 10 000 aktiven gewerblichen Nutzern monatlich betreiben. Zu diesen zentralen Plattformdiensten gehören etwa Suchmaschinen wie Google und Soziale Medien wie Facebook.

Datenzusammenführung nur mit Nutzereinwilligung
Zu den Regeln, die sie erfüllen müssen, gehört, dass die grossen Unternehmen die Daten aus verschiedenen Quellen nur noch mit ausdrücklicher Nutzereinwilligung zusammenführen dürfen. Meta könne beispielsweise nicht mehr ohne weiteres die Daten von Facebook, Instagram und WhatsApp kombinieren, teilte Beuc mit.

Grosse Messengerdienste wie WhatsApp und iMessage müssen sich künftig zudem dafür öffnen, auch Nachrichten von kleineren Messangern zu empfangen. Für Gruppenchats soll dies erst im Laufe der kommenden Jahre kommen. Auch dürfen die Gatekeeper ihre eigenen Dienste nicht mehr bevorzugt behandeln, was etwa Google Shopping betreffen dürfte.

Hohe Bussen drohen
Bei Verstössen drohen heftige Geldstrafen, in Ausnahmefällen sogar die Aufspaltung. Ein pauschales Verbot personalisierter Werbung oder ein komplettes Verbot personalisierter Werbung für Kinder ist nicht beschlossen worden – soll aber Teil des Schwestergesetzes DSA werden.

Beim iPhone-Konzern Apple stiess der DMA-Deal auf wenig Begeisterung. Man sei besorgt, dass einige Vorschriften unnötige Datenschutz- und Sicherheitslücken für die Nutzer schaffen würden, teilte das Unternehmen mit. «Andere Regelungen des DMA werden es uns unmöglich machen, Gebühren für geistiges Eigentum zu erheben, in das wir sehr viel investieren.» Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Digitales und Verkehr, sagte hingegen, man mache das «europäische Wettbewerbsrecht fit für das digitale Zeitalter».

Die Einigung muss noch vom Rat der EU-Staaten und dem Europaparlament bestätigt werden, was als Formsache gilt. In Kraft treten könnten die Regeln bereits im Oktober, sagte Vestager. Dann müssen jedoch noch die Gatekeeper designiert werden und es gelten Übergangsfristen. (awp/mc/pg)

Schreibe einen Kommentar