EY: Schweizer Rechtsabteilungen denken immer noch analog
Zürich – Die internen Rechtsabteilungen von in der Schweiz ansässigen Unternehmen stehen angesichts der digitalen Transformation vor grossen Herausforderungen. Sie sind sich dessen grundsätzlich auch bewusst, aber oft fehlen ihnen die Ressourcen, um angemessen darauf zu reagieren.
So nutzen erst 27,5 Prozent der firmeninternen Juristenteams digitale Lösungen in ihrem Arbeitsalltag. Dazu gehören etwa elektronische Archive, welche bereits von der Hälfte der Unternehmen eingeführt wurden. Gleichzeitig rechnen 20 Prozent der Firmen aus der Deutschschweiz und je 30 Prozent der Westschweizer und Tessiner Unternehmen damit, dass die Blockchain-Technologien bald auch für Firmenjuristen relevant sein werden. Das Gleiche gilt für elektronische Aktionärsversammlungen, welche von der Hälfte der Firmen als wünschenswert erachtet werden.
Einen höheren Wert weist das viel zitierte Thema künstliche Intelligenz aus. 43 Prozent der Firmenjuristen gehen davon aus, dass eine signifikante Anzahl ihrer Mitarbeitenden in den nächsten Jahren durch intelligente Software-Lösungen ersetzt wird. Erstaunlich ist in dem Zusammenhang, dass trotzdem 38 Prozent der firmeninternen Juristenteams sich bis jetzt noch in keiner Weise mit der kommenden Digitalisierung in ihrem Tätigkeitsbereich auseinandergesetzt haben.
Das Bewusstsein ist da, die Lösungen fehlen noch
Diese Erkenntnisse kommen aus der erstmals durchgeführten «General Counsel Barometer»-Studie des Beratungsunternehmens EY, welche im Rahmen von 102 Befragungen die Befindlichkeiten von Unternehmensjuristen aus den Branchen Life Science, Energie, Telekommunikation, Industrie und Handel/Konsum bezüglich der Digitalisierung untersucht hat. «Die Ergebnisse zeigen, dass sich die befragten Unternehmensjuristen sehr wohl im Klaren darüber sind, dass die Digitalisierung auch für ihre Tätigkeiten und Dienstleistungen eine grosse Auswirkung haben wird. Sie sind aber noch zu wenig darauf vorbereitet, wie umfassend diese Auswirkungen längerfristig sein werden. Damit die Rechtsabteilungen den digitalen Wandel erfolgreich schaffen, braucht es ein Umdenken. Gelingt dies, dann können die ressourcenmässig meist sehr knapp aufgestellten Abteilungen aus unserer Sicht profitieren», sagt Oliver Blum, Managing Partner Legal Services von EY.
Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen ging zurück
Die Befragung der Firmenjuristen zeigt ausserdem, dass eine grosse Anzahl der (vor allem kleineren Unternehmen) den Aufwand unterschätzt, den die zeitnahe Implementierung mehrerer regulatorischer Neuerungen mit sich bringt. Dazu gehören beispielsweise neue Regeln zur Arbeitszeiterfassung, zum Datenschutz oder zum sogenannten «Cash Pooling», also dem zentralen Bewirtschaften der Bargeldbestände über verschiedene Gesellschaften eines einzelnen Konzerns hinweg. Die wirtschaftspolitische Stabilität und institutionelle Verlässlichkeit der Schweiz hat in den letzten Jahren abgenommen. Gleichzeitig sind die regulatorischen Anforderungen gestiegen, was den Rechtsabteilungen immer stärker zu schaffen macht. Jedoch bieten sich hier durch den Einsatz digitaler Lösungen Chancen: Die effizientere Gestaltung von Prozessen setzt Ressourcen frei, um sich flexibler und schneller regulatorischen Neuerungen anpassen zu können. (EY/mc)
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