Facebook «wildert» jetzt auch im Twitter-Revier
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg.
San Francisco – Facebook lässt die Muskeln spielen: Schon zum zweiten Mal in dieser Woche zeigt das weltgrösste Online-Netzwerk Konkurrenten, wie leicht es deren Kernfunktionen weiterentwickeln seinen Mitgliedern anbieten kann. Facebook kündigte am Mittwoch die Möglichkeit an, Einträge von einem Nutzer zu abonnieren, ohne dafür mit diesem befreundet sein zu müssen – das Prinzip des Kurznachrichtendienstes Twitter.
Damit könne man jetzt zum Beispiel besser Neuigkeiten von Künstlern oder Politikern verfolgen, erläuterte Facebook in einem Blogeintrag. Bei Facebook kann man im Gegensatz zu Twitter auch auswählen, ob man alle Einträge eines Nutzers angezeigt bekommen möchte oder nur die wichtigsten. Erst am Dienstag hatte Facebook den Vorstoss des neuen Rivalen Google+ mit der Möglichkeit gekontert, seine Freunde besser zu sortieren. Und setzt dabei ebenfalls noch eins drauf: Bei Facebook sollen die Listen mit Namen von Arbeitskollegen, Familienmitgliedern oder Mitschülern automatisch erstellt werden, ausgehend von Angaben, die sie bei Facebook gemacht haben. Damit zielt Facebook auf die Kernbotschaft des Google-Netzwerks, das sich zum Start genau damit abheben wollte, den Nutzern mehr Kontrolle darüber zu geben, wer ihre Einträge sieht.
Börsengang erst Ende 2012
Der Börsengang des Online-Netzwerks soll laut einem Zeitungsbericht erst Ende 2012 kommen und damit deutlich später als bisher erwartet. Gründer und Chef Mark Zuckerberg wolle bis September kommenden Jahres warten, damit sich die Mitarbeiter länger auf Produktentwicklung statt Aktienverkäufe konzentrieren, berichtete die «Financial Times» am Mittwochabend unter Berufung auf unternehmensnahe Kreise. Facebook hatte seinen Börsengang zwar nie offiziell auf einen bestimmten Termin angesetzt. Er wurde bisher aber allgemein für die erste Hälfte 2012 erwartet, auch weil das weltgrösste Online-Netzwerk bei der Aktionärszahl auf Schwellen zusteuert, ab denen ein US-Unternehmen seine Zahlen offenlegen muss. Facebook reagiere mit der Entscheidung nicht auf die aktuelle Börsenschwäche, sondern richte sich nach eigenen Interessen, schrieb die «Financial Times».
Facebook zu IPO gezwungen
Zuckerberg war schon immer abgeneigt, die Kontrolle über sein Unternehmen zu teilen. Er schlug schon in den Anfangsjahren Milliarden-Kaufangebote aus und hielt sich bisher auch mit einem Börsengang zurück, weil Facebook jetzt mehr Spielraum hat. Allerdings ist absehbar, dass die amerikanischen Unternehmensregeln die Firma am Ende an die Börse zwingen. Es dürfte auf jeden Fall ein Riesen-Börsengang werden. Facebook wird auch ein Unternehmenswert von 100 Milliarden Dollar zugetraut. Berechnet man den Wert heute anhand von auf dem Zweitmarkt gehandelten Mitarbeiteraktien, würde er stabil bei 60 bis 70 Milliarden Dollar liegen. (awp/mc/ps)