Googles Werbegeschäft trotzt KI und Zollpolitik

Mountain View – Googles Geschäft mit Online-Werbung wächst weiterhin – trotz der Konkurrenz neuer KI-Rivalen. Im vergangenen Quartal stiegen die Anzeigenerlöse im Jahresvergleich um 8,5 Prozent auf knapp 66,9 Milliarden Dollar. Das lag leicht über den Erwartungen der Analysten. Die Aktie legte im nachbörslichen Handel zeitweise um 4,6 Prozent zu.
Anzeigen sind Googles Geldbringer
Werbung bei Google erwirtschaftet nach wie vor den Grossteil der Erlöse des Mutterkonzerns Alphabet . Die Entwicklung des Anzeigengeschäfts wird sehr genau beobachtet. Eine zentrale Frage ist, ob Versuche von Konkurrenten, mit Hilfe Künstlicher Intelligenz direkte Antworten statt Links anzuzeigen, eine Spur bei Googles Suchmaschine hinterlassen. Google geht unterdessen selbst in diese Richtung mit von KI erstellten Überblicken zu den Suchanfragen. Aktuell kämen diese «AI Overviews» auf 1,5 Milliarden Nutzer pro Monat, sagte Konzernchef Sundar Pichai.
KI kommt bei Google verstärkt auch in einem anderen Bereich zum Einsatz. «Deutlich mehr» als 30 Prozent des Software-Codes – der Millionen Programmzeilen hinter den Google-Diensten – würden inzwischen von Künstlicher Intelligenz vorformuliert und von Menschen übernommen, sagte Pichai. Früher war das hauptsächlich Handarbeit für Programmierer.
Temu und Shein drehten Geldhahn zu
Ein zweiter Faktor ist in diesem Jahr die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. In den USA wird im Mai die Ausnahme von Einfuhrzöllen für Paketsendungen im Wert von unter 800 Dollar aufgehoben. Auf diesem Weg kamen in den USA bisher zahlreiche Lieferungen von chinesischen Handelsplattformen wie Shein und Temu an. Sie schalteten bisher viel Werbung bei Google und beim Facebook-Konzern Meta – hörten nun aber damit auf.
Mehr Gewinn dank Musks SpaceX?
Auch der Konzernumsatz von Alphabet lag mit einem Plus von zwölf Prozent auf 90,23 Milliarden Dollar über den Markterwartungen. Der Gewinn stieg unterdessen im Jahresvergleich um 46 Prozent auf 34,54 Milliarden Dollar.
Für das starke Gewinnplus gab es auch einen ungewöhnlichen Faktor: Acht Milliarden Dollar habe die Aufwertung des Anteils an einem nicht an der Börse notierten Unternehmen beigetragen, hiess es. Ein Name wurde nicht genannt – aber dem Finanzdienst Bloomberg zufolge handelt es sich dabei um Elon Musks Weltraumfirma SpaceX. Der Internet-Konzern hatte sich demnach vor einem Jahrzehnt an einer Finanzierungsrunde von SpaceX beteiligt.
Robotaxis auf der Überholspur
Unterdessen sind Musk und Alphabet Rivalen. Der Tesla -Chef will im Juni mit einem Robotaxi-Dienst zunächst im texanischen Austin an den Start gehen – und die Google-Schwesterfirma Waymo ist der Platzhirsch in dem Geschäft. Die selbstfahrenden Autos machen inzwischen mehr als 250.000 Fahrten mit zahlenden Passagieren pro Woche, sagte Pichai. Die Marke von 200.000 Fahrten hatte Waymo erst Ende Februar geknackt.
Seitdem startete Waymo auf der Plattform des Fahrdienst-Vermittlers Uber in Austin und baute den Dienst von San Francisco ins Silicon Valley aus. Im kommenden Jahr sollen die fahrerlosen Wagen unter anderem in der Hauptstadt Washington auf die Strasse kommen.
Konkurrenten in den Startlöchern
Erst am Donnerstag kündigte Volkswagen an, von 2026 an selbstfahrende Autos via Uber auf US-Strassen zu bringen. Musk sagte diese Woche, Tesla werde in Austin zunächst mit 10 bis 20 Wagen des Kompakt-SUV Model Y starten. Er behauptet aber stets, dass die meisten neuen Tesla-Fahrzeuge bereits alles Nötige an Bord hätten, um autonom unterwegs zu sein.
Deswegen spricht Musk von bald Millionen selbstfahrender Teslas – und einem Marktanteil von mehr als 90 Prozent im Robotaxi-Markt. Zudem kündigte er an, dass bis Jahresende in mehreren US-Städten autonomes Fahren für private Tesla-Besitzer freigeschaltet werden solle.
Zweifel an Musks Versprechen
Branchenbeobachter und Konkurrenten sehen Musks grosse Versprechen skeptisch. Denn dieser will nur auf Kameras setzen und auf die etwa von Waymo eingesetzten teureren Laser-Radare verzichten. Diese Technik tastet die Umgebung ab und liefert damit der Software zum autonomen Fahren deutlich mehr und verlässlichere Informationen als Kameras.
Allerdings sind Waymos Fahrzeuge dadurch auch erheblich teurer – und das macht es für die Google-Schwesterfirma auch schwieriger, profitabel zu wirtschaften. Der Konzern macht keine Angaben zu den Robotaxi-Finanzen. Aber die gesamte Alphabet-Sparte, in der neben Waymo auch andere Zukunftswetten zusammengefasst sind, verbuchte im vergangenen Quartal einen operativen Verlust von fast 1,23 Milliarden Dollar bei 450 Millionen Dollar Umsatz. (awp/mc/pg)