Google-Entwickler Osama Bedier.
New York – Kaum hat Google seinen Handy-Bezahldienst vorgestellt, schon hat der Internet-Konzern die Klage eines Konkurrenten am Hals. Die Ebay-Tochter PayPal, die ebenfalls an einem weitreichenden mobilen Bezahlsystem arbeitet, geht gegen zwei ehemalige Mitarbeiter vor, die jetzt zentrale Rollen bei Googles Handy-Portemonnaie spielen.
PayPal wirft Osama Bedier, der die Technologie an Handelsunternehmen vermarktet, Geheimnisverrat vor. Die zuständige Google-Managerin Stephanie Tilenius, die ebenfalls von Ebay kam, soll demnach geholfen haben, Bedier abzuwerben – obwohl ihr das vertraglich untersagt gewesen sei. Google wies in einer ersten Stellungnahme darauf hin, dass es jedem Arbeitnehmer freistehe, sich beruflich zu verbessern. Zugleich betonte das Unternehmen, man respektiere Geschäftsgeheimnisse, und man werde sich gegen die Vorwürfe zur Wehr setzen.
Signalwirkung
Google präsentierte sein System «Google Wallet» am Donnerstag. Die Idee ist, dass Kunden an der Kasse lediglich ihr Handy vor ein Terminal zu halten brauchen, um ihren Einkauf zu bezahlen. Dem Schritt von Google wird Signalwirkung beigemessen. Seit Jahren wird über das Bezahlen per Handy gesprochen, aber getan hatte sich bisher nicht viel. Noch immer dominieren Bargeld oder Bank- und Kreditkarten. Da Googles Android inzwischen das Smartphone- Betriebssystem mit dem grössten Marktanteil ist, wird dem Internetkonzern eine starke Position in dem entstehenden Markt vorhergesagt. Die PayPal-Klage zeigt zugleich, wie hart der Konkurrenzkampf wird. Auch Mobilfunkanbieter, Banken – und angeblich auch Apple mit seinem iPhone – arbeiten an eigenen Diensten.
«Ihr Handy wird zum Portemonnaie»
«Bedier und Google haben sich widerrechtlich PayPals Geschäftsgeheimnisse angeeignet, indem sie sie innerhalb von Google und mit grossen Handelsunternehmen geteilt haben», heisst es in der Klage. Bedier war bei PayPal für die Kontakte zum Handel zuständig und hat eine ähnliche Funktion bei Google. Bedier wechselte im Januar zu Google, Tilenius verliess Ebay bereits 2009. Am Donnerstag war es sie, die den neuen Google-Dienst erklären und den Schlüsselsatz «Ihr Handy wird zum Portemonnaie» verkünden durfte. Erschwerend kommt laut der Klage hinzu, dass Bedier von 2008 bis 2011 die Verhandlungen mit Google über eine Integration des PayPal-Dienstes ins Android-Bezahlsystem führte. Er habe das Job-Angebot von Google in dieser Zeit bekommen und für sich behalten, behaupten PayPal und Ebay. Und Google habe schliesslich beschlossen, das Bezahlsystem in Eigenregie aufzubauen – mit Bedier an Bord.
Start in New York und San Francisco
«Google Wallet» startet zunächst in New York und San Francisco; der Rest der Vereinigten Staaten soll bis zum Sommer folgen. Dabei kann das Handy nicht nur bezahlen, sondern gleichzeitig auch noch Punkte auf der Rabattkarte gutschreiben. Mittelfristig will Google mit dem Handy das Portemonnaie mehr und mehr überflüssig machen und auch Flug- oder Theatertickets hinterlegen.
Vorteil bei Schwergewicht Google
Vorerst kommt aber nur eine kleine Gruppe in den Genuss des neuen Dienstes: Die Besitzer einer Mastercard-Kreditkarte der Citibank und eines Google-Smartphones «Nexus S» aus dem Netz des drittgrössten US-Mobilfunkanbieters Sprint. Google-Managerin Tilenius rechnet jedoch damit, dass das Bezahlen per Handy sich rasch ausbreitet und 2014 die Hälfte aller Smartphones die nötige Technik besitzen. PayPal ist zwar bereits beim mobilen Bezahlen zum Beispiel mit Smartphone-Apps aktiv. Den Anbietern geht es jetzt aber darum, Partner in Handel, Gastronomie oder Dienstleistungsgeschäft für ihre Zahlungssysteme zu gewinnen. Und da könnte Google mit seinem Gewicht im Smartphone-Markt einen Vorteil haben.
«Sicherer als die Kreditkarte in der Tasche»
Google setzt auf die Funktechnik NFC (Near Field Communication), mit der Geräte miteinander auf kurze Entfernung kommunizieren können. «Es ist viel sicherer als Ihre Kreditkarte, die sie in der Tasche haben», versicherte Tilenius. Passwörter sowie die Verschlüsselung der Daten sollen verhindern, dass Unbefugte mit dem Handy zahlen. Tilenius versprach, dass «Google Wallet» ein offenes System sei. Nach Angaben des Unternehmens müssen die Partner keinerlei Gebühren für die Nutzung zahlen. Es werde auch keine Bevorzugung Einzelner geben. «Jeder Partner kann mitmachen.» Zu den ersten beteiligten Händlern zählen die US-Kaufhauskette Macy’s, die amerikanischen Fastfood-Läden von Subways und die Wallgreens-Drogeriemärkte. (awp/mc/ps)