Jeder Zweite vernachlässigt auf Social Media seine Privacy-Einstellungen

Zürich – Schweizerinnen und Schweizer fürchten sich vor Trollen und Provokateuren im Internet. Nur Hacker werden als noch grössere Online-Bedrohung angesehen. Trotzdem kümmert sich jeder Zweite nicht bewusst um die Privacy-Einstellungen seiner Social-Media-Accounts. Das zeigt die Datenvertrauensstudie 2018 von comparis.ch.

In puncto Bedrohung im Internet sind Trolle und Provokateure weitherum gefürchtet. Das zeigt die neueste Datenvertrauensstudie des Online-Vergleichsportals comparis.ch. Auf der Bedrohungsskala (Werte von 1 bis 10) erreichten die Online-Stalker bei der repräsentativen Umfrage einen Wert von 5,7. Damit liegen sie im Bedrohungsempfinden bezüglich der Internetakteure ganz vorne. Einzig Hacker werden noch mehr gefürchtet als Trolle: Sie führen die Rangliste an mit einem Wert von 6,7. Geheimdienste (5,3), Internetunternehmen wie Google und Facebook (5,2) und die Telecom-Anbieter in der Schweiz (4,3) werden dagegen als weit weniger bedrohlich empfunden. Bezogen auf die staatlichen Institutionen und Behörden hat das Bedrohungsempfinden in den letzten Jahren zwar stark zugenommen (von 2,7 im Jahr 2015 auf 4,1 im Jahr 2018). Dennoch erachten die Befragten die öffentliche Hand noch immer als die kleinste Online-Bedrohung.

Nur 52 Prozent kümmern sich um Privacy-Einstellungen
Das wirksamste Mittel zur Troll-Prävention ist laut dem Comparis-Digitalexperten Jean-Claude Frick eine regelmässige Kontrolle der Einstellungen zur eigenen Privatsphäre. Zudem sollten User nach Policy-Anpassungen der Anbieter ihre Einstellungen aktiv anpassen. «Je weniger persönliche Informationen einsehbar sind und je klarer der Kreis der Leute eingeschränkt wird, der eigene Beiträge sehen darf, desto besser. Wer die Privatsphäre im Netz schützt, bietet weniger Angriffsfläche für Shitstorms und stellt Trolle ins Abseits», so Frick.

Genau das macht aktuell aber bloss jeder Zweite: Nur 52 Prozent der Befragten achten bewusst auf die eigenen Privacy-Einstellungen auf Social-Media-Plattformen. Damit steht der Schutz der eigenen Online-Inhalte klar abgeschlagen hinter den weit verbreiteten klassischen Schutzmassnahmen im Internet: 67 Prozent der Befragten nutzen Online-Banking nur auf dem eigenen Computer. Und 63 Prozent aktualisieren regelmässig ihre Programme.

Befragte bewerten Hate-Speech und Shitstorm für sich selbst als kleine Bedrohung
Die Priorisierung der Massnahmen wiederspiegelt das subjektive Bedrohungsempfinden bzw. die Einschätzung, selbst von einem Phänomen betroffen sein zu können. Diese unterscheidet sich deutlich von der abstrakten Gefahrenwahrnehmung der Internetakteure. So fühlen sich die Befragten persönlich am meisten bedroht durch Viren / Trojaner (6,9), Spam-und Phishing-Mails (6,8) und den eigenen elektronischen Fussabdruck (6,4). Hate-Speech und Shitstorm – also genau das, was Trolle und Provokateure tun – bewerten die Befragten für sich selbst jedoch als deutlich kleinere Bedrohung (5,1). Das Phänomen steht gemeinsam mit Pornografie / Pädophilie (5) und Erpressung durch Nacktbilder (4,4) auf den Schlussrängen der subjektiven Bedrohungsskala.

Trolle gefährden die Diskussionskultur
Comparis-Experte Frick warnt, dass sich viele in falscher Sicherheit wiegen: «Jeder, der etwas auf einem sozialen Netzwerk postet – egal ob Ferienfoto, Post-Kommentar oder eigenes Posting / Blogbeitrag – ist potenziell gefährdet, von einem Troll verfolgt zu werden.» Und das sind nicht wenige: Laut einer Erhebung des Software-Anbieters Hootsuite sind immerhin 4,4 Millionen Menschen in der Schweiz aktuell aktive Social-Media-Nutzer.

«Trolle gefährden die Diskussionskultur im Netz», so Frick. Die auf emotionale Provokation ausgelegten Beiträge der teils organisierten Post-Kommentatoren vergifteten die Auseinandersetzungen der Internetbenutzer untereinander und brächten jede Diskussion zum Erliegen. «Durch die Verbreitung von Fake-News versuchen Trolle zudem, die Meinungsführerschaft zu bekommen und Themen zu besetzen», erklärt er.

Wenig Vertrauen in soziale Netzwerke
Der sorglose Umgang mit den eigenen Privat-Einstellungen steht im Widerspruch zum geringen Vertrauen in die sozialen Netzwerke. So haben die Befragten weit weniger Vertrauen in Social­Media-Plattformen wie Facebook, Instagram oder Twitter (Wert 4,0 auf der Vertrauensskala von 1 bis 10), Chat-und Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Snapchat (4,9) und Business-Netzwerke wie Linkedin und Xing (4,9) als in die Spitzenreiter Banken (7,2) und Behörden (7,1). Einzig Dating-Portale werden mit einem Wert von 3,4 noch schlechter bewertet. (comparis.ch/mc/ps)

Methodik
Die Befragung wurde im März 2018 durch das Marktforschungsinstitut Market Agent im Auftrag von comparis.ch bei 1019 Personen in allen Regionen der Schweiz durchgeführt und ist repräsentativ für Schweizer Internet-Nutzer. Die Befragung wird seit 2013 regelmässig mit standardisierten Fragen durchgeführt. Ziel ist es, die Einstellungen und das Nutzungsverhalten der Schweizer Bevölkerung zum Thema Datensicherheit und Datenschutz repräsentativ zu messen und Veränderungen sichtbar zu machen.

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