Bracken Darrell geht: Er hauchte Logitech neues Leben ein – Aktie stürzt ab
Zürich – Nach zehn Jahren im Amt tritt Bracken Darrell überraschend als Chef von Logitech zurück. In seiner Amtszeit hat er aus einem Sanierungsfall ein florierendes Unternehmen gezimmert.
Als Darrell im April 2012 als Retter in der Not zu Logitech kam, steckte der Mäuse- und Tastaturhersteller in einer tiefen Krise. Die Aktien waren nach einem Hoch von 40 Franken auf 7 Franken abgestürzt. Das Unternehmen hatte Trends wie das Smartphones und Tablets verschlafen. Zudem häuften sich die Managementfehler, etwa bei Zukäufen. Viele Experten rechneten damals sogar mit einem baldigen Ende des Unternehmens.
Die Ernennung Darrells kam überraschend, denn er hatte sich in der IT-Branche bisher keine Sporen abverdient. Vor seinem Engagement bei Logitech war er im Management des Haushaltsgeräteherstellers Whirlpool tätig und davor hatte er mehr als ein Jahrzehnt beim Konsumgüter-Konzern Procter & Gamble gearbeitet, wo zuletzt als Präsident von Braun vor allem mit Rasierapparaten beschäftig war.
Aufbau von Logitech zum Weltkonzern
Entgegen allen Erwartungen vermochte Darrell das Ruder schnell wieder rumzureissen. Zudem brachte er mit der von ihm beschworenen Startup-Mentalität wieder frischen Wind in das Unternehmen und schuf Raum für Innovationen.
Zudem richtete er das Unternehmen neu aus, reduzierte die Produktpalette radikal und fokussierte sich wieder stärker auf den Konsumenten. Zudem setzte der ehemalige Kunststudent einen stärkeren Fokus auf das Design. Auch Wachstumstrend wie etwa im Bereich Computerspiele und Smart Home konnte das Unternehmen für sich nutzen. Damit spielte Logitech bei den Peripheriegeräten plötzlich im Konzert der Grossen wie Apple, Microsoft oder JBL mit.
Nach einem Verlust von fast 250 Millionen US-Dollar 2013 konnte das Unternehmen 2014 auch wieder einen kleinen Gewinn ausweisen. Seitdem ist Logitech in der Gewinnzone. Seit 2016 konnte das Unternehmen zudem seinen Umsatz stetig steigern. Folglich erholte sich auch der Aktienkurs langsam wieder und Mitte 2018 kosteten die Papiere wieder mehr als 40 Franken.
Aufstieg in die Königsklasse
Mit der Corona-Krise setzte bei Logitech dann sogar ein regelrechter Boom ein. Die plötzlich stark gestiegene Nachfrage nach Headsets, Kameras, Computermäusen und Tastaturen für das Arbeiten im Homeoffice trieben Umsatz und Gewinn in neue Sphären. Logitech konnte von der Krise profitieren, auch wenn es durch die Unterbrechung der Lieferketten auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatte.
Die Aktien schossen gleichzeitig auf bis zu 120 Franken hoch. Mitte 2021 stiessen die Papiere mit der Aufnahme in den SMI schliesslich in die Königsklasse vor und verdrängten dabei Swatch in die zweite Reihe.
Abschwung nach dem Corona-Boom
Nach dem Corona-Boom setzt ab Mitte 2021 jedoch ein Abschwung ein. Die Nachfrage vor allem nach Geräten für das Homeoffice brach ein. Daher gaben auch Umsatz und auch Gewinn von Logitech wieder deutlich nach. Die Aktien sackten auf rund 60 Franken ab und sind seitdem in etwa stabil auf diesem Niveau.
Die Papiere sind aber immer noch höher notiert als vor der Krise. Auch beim Umsatz und Gewinn liegt Logitech immer noch deutlich über den Vorkrisenwerten. Darrell zeigte sich bisher in Interviews optimistisch, dass Logitech langfristig weiter wachsen wird. So würden etwa Trends wie das Metaverse, zu zunehmende Verbreitung der Video-Telefonie und das Wachstum im Bereich E-Sports für das Unternehmen sprechen. Umso überraschender kam nun seine Rücktrittankündigung, ähnlich wie es einst seine Ernennung war.
Wohin es Darrell zieht, ist noch nicht bekannt. Die nächsten Monate wolle er jedoch noch im Unternehmen bleiben, um damit einen nahtlosen Übergang zu ermöglichen.
Damit geht bei Logitech ein prägendes Jahrzehnt zu Ende und Logitech verliert eine Person an der Spitze, die als das Gesicht von Logitech wahrgenommen wurde. Mit einem für Konzernchef untypischen Auftreten hatte sich Darrell einen Namen gemacht und seine Erfolge sprechen für sich. Darrell hinterlässt seinen Nachfolger oder seiner Nachfolgerin daher grosse Fussstapfen.
Bis auf weiteres wird Verwaltungsratsmitglied Guy Gecht das Amt als CEO interimistisch ausüben. Nach einem Nachfolger suche Logitech weltweit, denn neben der Westschweiz ist Logitech auch in den USA stark verankert.
An den Börsen kam der Rücktritt Brackens schlecht an. Die Papiere von Logitech büssten deutlich an Wert ein und verloren bis Handelsschluss beinahe 13 Prozent ein. (awp/mc/pg)