Redmond – Der Software-Marktführer Microsoft facht den Wettbewerb mit Internet-Gigant Google an. Für das Schreiben und Verwalten von E-Mails im Internet stellte Microsoft am Dienstag den neuen Web-Dienst Outlook.com vor. Die kostenlose Anwendung soll auf lange Sicht Hotmail ablösen – dieser Webmail-Pionier ging bereits 1996 an den Start und wurde 1998 von Microsoft übernommen.
«Wir denken, es ist an der Zeit, die persönliche E-Mail neu zu erfinden», erklärte der zuständige Microsoft-Manager Chris Jones im Firmen-Blog. Outlook.com breche mit der Vergangenheit und sei von Grund auf neu gestaltet worden. Nutzer von Hotmail können mit wenigen Mausklicks auf den neuen Dienst umsteigen und dabei ihre E-Mails, Kontakte und Einstellungen mitnehmen. Auch Nutzer des Microsoft-Dienstes live.com können mit ihren Zugangsdaten sofort bei Outlook.com einsteigen.
Hotmail seit Jahren unter Druck
Web-Mail ist einer der wichtigsten Software-Dienste im Internet. Hotmail wurde am 4. Juni 1996 von Sabeer Bhatia und Jack Smith gestartet und anderthalb Jahre später mit rund zwölf Millionen registrierten Anwendern für 400 Millionen Dollar an Microsoft verkauft. Der Software-Konzern führte mit dem Dienst lange unter den Web-Mail-Diensten, steht jedoch seit einigen Jahren unter dem Druck, gegen Google zu bestehen. Der 2004 gestartete Google-Mail-Dienst Gmail hat nach Firmenangaben 425 Millionen aktive Nutzer im Monat und wäre damit die Nummer eins. Die Marktforscher von ComScore haben hingegen für Gmail nur 289 Millionen Nutzer ermittelt, für Yahoo 298 Millionen und für Hotmail 322 Millionen.
Austausch mit Twitter, Facebook oder LinkedIn
Die Oberfläche von Outlook.com ist betont schlicht gehalten. Die Anwender können, so verspricht Microsoft, ihren E-Mail-Eingang mit ihrem Austausch bei Twitter, Facebook oder LinkedIn verknüpfen. In der jetzt bereitgestellten ersten Version ist dies noch nicht umfassend umgesetzt. Auch der von Microsoft übernommene Internettelefonie-Dienst Skype soll später integriert werden. Per E-Mail zugesandte Dokumente lassen sich direkt anschauen und bearbeiten – Microsoft stellt in Outlook.com auch Online-Versionen seiner Büroprogramme Word, Excel und PowerPoint bereit. Die Daten können auch direkt in Microsofts Online-Speicher Skydrive abgelegt werden.
«Mutiger Schritt»
«Wir haben gemerkt, dass wir einen mutigen Schritt machen müssen», schrieb Jones. Outlook.com, so verspricht Microsoft, sei kostenlos, verfüge über nahezu unbegrenzten Speicher und einen Spamschutz. Werbung soll nur zurückhaltend eingesetzt werden; einige Nutzer sehen bei bestimmten Ansichten eine rechte Spalte mit Shopping-Angeboten.
Kein Adress-Verkauf
«Wir scannen Ihre E-Mail-Inhalte oder Anhänge nicht und verkaufen sie nicht an Werbetreibende oder andere Firmen», versprach Jones mit Blick auf Gmail, dessen Postfach automatisch analysiert wird, um passende Textwerbung einzublenden. «Wir lassen Sie entscheiden, ob Sie ihren E-Mail-Account mit Sozialen Netzwerken verknüpfen wollen und welches Sie dann nutzen möchten», stichelte Jones weiter. Gmail ist mit dem Sozialen Netzwerk Google+ verzahnt.
Der Google-Dienst gewann viele Nutzer mit seinem bereits 2004 eingeführten Speicherplatz von einem Gigabyte. Konkurrenten hatten damals wesentlich weniger Speicher oder kosteten Geld. Als besonders innovativ gelten auch die Such- und Filterfunktionen des E-Mail-Dienstes von Google.
Nutzer des neuen Microsoft-Dienstes können sich eine Mail-Adresse mit der Domain outlook.com sichern. E-Mails mit hotmail.com werden dann nach und nach verschwinden. Das E-Mail-Marketing-Blog «Emailblog.eu» schrieb am Mittwoch bereits: «RIP Hotmail 1996 – 2012: Es hat Spass gemacht.» (awp/mc/pg)