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St. Gallen – Fast zwei Drittel der Schweizer Internetnutzer sucht in der Phase vor dem Einkauf im Internet nach Produkten und Dienstleistungen – vor zwei Jahren war es nur knapp die Hälfte. In einigen Branchen kündigt sich eine Online-Kaufrevolution an, wie die jüngste Studie des Forschungszentrums für Handelsmanagement an der Universität St.Gallen (HSG) zeigt. Für die Studie wurden im November 2014 über 1000 Konsumenten in der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz befragt.
Immer mehr Internetnutzer kaufen gemäss der Umfrage gerne situativ manchmal im Internet, manchmal im Laden ein. Der reine Online-Kauf ist am stärksten verbreitet in Branchen mit digitalisierbaren Leistungen (z.B. Flüge und Ferien).
Online-Boom in der Bekleidungsbranche
Zu den digital am schnellsten wachsenden Branchen in den letzten zwei Jahren gehören Bankdienstleistungen (+10.9%), Eintrittstickets (+10.5%), Videos/DVDs (+9.6%), Zugtickets (+8.8%), Musiktitel (+8.7%), Software (+7.0%), Ferienreisen (+4.6%) sowie Flugtickets (+1.8%). Der situative Einkauf wächst am stärksten in klassischen Handelsbranchen, wie Bekleidung (+13.5%), Schmuck (+11.2%), Elektronik (+9.2%), Körperpflege (+8.3%), Möbel (+4.6%) und Lebensmittel (+3.9%). Die Verschiebungen gehen zulasten des Einkaufs im Laden, der in allen Branchen an Beliebtheit verliert.
Online-Kaufrevolution
«In einigen Branchen, wie dem Bekleidungshandel, könnte es in den nächsten zu einer Online-Kaufrevolution kommen», sagt Prof. Dr. Thomas Rudolph, Direktor des Forschungszentrum für Handelsmanagement (IRM-HSG). «Insbesondere die weibliche Kundschaft kauft seit zwei Jahren Textilien wesentlich öfter online ein und sucht im Netz nach Inspiration für neue Artikel.»
Freizeit findet stärker «online» statt
Dreieinhalb Stunden ihrer Freizeit verbringen jüngere Konsumenten unter 25 Jahren pro Tag im Internet. Die Nutzungsintensität hat sich zwischen Männern und Frauen weitgehend angeglichen, aber die Interessen unterscheiden sich dennoch. Frauen nutzen das Internet häufiger als Männer, um mit anderen zu kommunizieren. So nennen rund 25% der Frauen das soziale Netzwerk Facebook als beliebteste Webseite; bei Männern sind es nur 16%. Männer suchen dafür lieber nach Neuigkeiten im Internet, bevorzugt auf Unterhaltungsportalen und Nachrichtenseiten. Als übergreifender Trend macht sich eine zunehmende Spassorientierung breit. Fast 69% der Schweizer Internetnutzer gehen eher häufig online, um «sich zu amüsieren.» Vor zwei Jahren waren es erst 54%.
Das Motiv, sich online «weiterzubilden» verharrt dagegen auf dem gleichen Niveau. «In den letzten zehn Jahren beobachten wir eine steigende Spassorientierung im Internet», sagt Dr. Oliver Emrich, Assistenzprofessor am Forschungszentrum für Handelsmanagement. Dieser langfristige Trend wird in den letzten Jahren verstärkt durch das mobile Internet. Rund 73% der Internetnutzer nutzen mindestens wöchentlich den Zugang über das Smartphone; 2013 waren es nur 66%.
Skepsis unter jüngeren Internetnutzern
Als Gegentrend zur steigenden Online-Affinität werden einige Kaufbarrieren wieder relevanter. Mehr Konsumenten brechen ihren Online-Kauf ab, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben (21% Zustimmung), sie den Heimlieferservice als schlecht empfinden (25%) oder das Angebot ihren Vorstellungen nicht entspricht (27%). Jüngere Internetnutzer unter 25 Jahren verhalten sich gegenüber dem Internet heute deutlich kritischer als noch vor zwei Jahren. Grundsätzliche Vorbehalte gegenüber dem Internet als Einkaufskanal (z.B. grundsätzliches Missfallen) nehmen aber in allen Alterssegmenten weiter ab. (Universität St. Gallen/mc/pg)