PC-Industrie: Von Erholung auch 2016 keine Spur
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Berlin – Eigentlich sollte 2016 das Jahr werden, in dem der schon lange schwache PC-Markt schliesslich wieder auf Erholungskurs geht. Doch inzwischen glauben auch zuvor zuversichtliche Branchenanalysten nicht mehr daran. Für die PC-Industrie geht es ins nächste Schrumpfjahr, erwarten die beiden grossen IT-Marktforscher Gartner und IDC. Die Frage ist, wie lange manche Player dem Druck standhalten können, warnen Experten.
Für die Flaute kamen mehrere Gründe zusammen. Da ist der andauernde Smartphone-Boom, bei dem Computer im Handflächenformat zum wichtigsten Gerät geworden sind. Zugleich geben sich deutlich mehr Verbraucher und Unternehmen länger mit der Leistung ihrer aktuellen PCs zufrieden als noch vor einem Jahrzehnt. Damals waren schnellere Prozessoren und mehr Speicher noch ein sicherer Kaufanreiz. Ausserdem macht der starke Dollar die Computer in vielen Ländern der Welt teurer und bremst die Kauflust noch weiter.
Starker Dollar als grosse Herausforderung für kleinere Hersteller
Gerade der Kurs der US-Währung könnte kleinere Hersteller arg in Bedrängnis bringen, warnt Gartner-Analyst Ranjit Atwal. «Die Hersteller haben keine andere Wahl, als die höheren Preise an die Kunden weiterzugeben.» Sonst könnten die Verluste für sie zu hoch werden. In der Branche wird hauptsächlich in Dollar abgerechnet, über die gesamte Produktionskette hinweg seien die Kosten der Hersteller durch die Wechselkurse um bis zu 20 Prozent gestiegen. Auf lange Sicht könnten sechs bis sieben Hersteller übrigbleiben, erwartet der Gartner-Experte. Denn gerade im Geschäft der PC-Branche sei eine bestimmte Grösse wichtig, um effizient wirtschaften zu können.
Einbruch im 3. Quartal 2015
Das zeigte sich schon 2015. Die Schwäche des PC-Marktes traf die Hersteller alles andere als gleichmässig. So bauten die drei grössten Anbieter Lenovo, Hewlett-Packard und Dell ihre Marktanteile im dritten Quartal sogar aus – wenn auch nur dadurch, dass ihre Verkäufe langsamer zurückgingen als im Branchendurchschnitt. Sie werden vor allem durch das Geschäft mit Unternehmen gestützt.
Insgesamt schrumpfte der Markt in dem Vierteljahr laut IDC um 10,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Für die grossen Drei lag das Minus bei drei bis fünf Prozent – dem taiwanischen Hersteller Acer brach dagegen gut ein Viertel der Verkäufe weg. Er wurde vom vierten Platz in der Branche von Apple verdrängt. Der iPhone-Konzern kommt mit seinen Macs inzwischen nach IDC-Zahlen auf einen Marktanteil von 7,5 Prozent – und der Verzicht auf billige Modelle sorgt dafür, dass Apple auch im schwierigen PC-Markt solide Gewinne macht.
Kein Verkaufsschub durch Windows 10
Der Einbruch im dritten Quartal ist umso frappierender, da in dem Vierteljahr Microsofts neues Betriebssystem Windows 10 auf den Markt kam. Doch ein Verkaufsschub blieb diesmal zunächst aus. Ein Grund dürfte sein, dass Microsoft Nutzern aktueller Windows-Versionen ein Jahr lang kostenlose Upgrades auf die neue Software anbietet – sie also erst einmal keine neuen Geräte kaufen brauchen. IDC rechnet mit einem spürbaren Windows-10-Effekt erst nach Auslaufen dieses Angebots.
«Die PC-Hersteller sind zu dem Schluss gekommen, dass die PC-Nachfrage nicht mehr wachsen wird», erklärte jüngst der erfahrene IT-Analyst Tim Bajarin. Sie gingen davon aus, dass die jährlichen Verkäufe in den nächsten Jahren bei 285 bis 300 Millionen Geräten bleiben werden. Sollten sie aber – wie manche Anbieter befürchten – auf 250 oder 225 Millionen absacken, «müssen wir uns auf eine PC-Welt vorbereiten, in der nur HP, Dell und Lenovo überleben», warnte Bajarin. Zuletzt kontrollierten die grossen Drei laut IDC rund 55 Prozent des Marktes nach 51 Prozent vor einem Jahr.
«Ultramobiles» als Zukunftshoffnung
Zugleich gibt es auch im PC-Geschäft durchaus noch Wachstumsbereiche. So legen die Verkäufe besonders dünner Notebooks, der sogenannten «Ultramobiles» zu. Neue leistungsstarke und sparsame Prozessoren von Intel sollen den Trend beschleunigen. Machten die «Ultramobiles» 2015 laut Gartner rund 15 Prozent der Verkäufe aus, soll 2017 bereits jeder vierte PC zu der Gerätekategorie gehören. Unterdessen versuchen Microsoft mit seiner Surface-Reihe und inzwischen auch Apple mit dem grossen iPad Pro sowie Google mit dem Pixel C, Tablets mit ansteckbarer Tastatur als Vision für die Zukunft des Personal Computers zu etablieren. Ob dieser Plan aufgeht, ist noch offen. (awp/mc/pg)