Banken müssen sich der digitalen Herausforderung stellen
Ben Robinson, Leiter der Strategie & Innovation-Abteilung von Temenos. (Foto: Temenos)
Genf – «Ein innovativer FinTech-Inkubator in der Schweiz wird Banken helfen, die digitale Revolution anzupacken und sich auf die Zukunft vorzubereiten.»
Von Ben Robinson, Leiter der Strategie & Innovation-Abteilung von Temenos, und Guillaume Dubray, geschäftsführender Partner bei Polytech Ventures.
Es gab wahrscheinlich niemals eine schwierigere Zeit, eine Bank zu sein. Nach Jahren verlässlicher Rentabilität brachte 2008 ein abruptes Ende der guten Zeiten. Diejenigen, die überlebt haben, sind nun mit nie dagewesener Konkurrenz konfrontiert, da Prozesse digitalisiert werden und Konkurrenz von ausserhalb des Bankensektors in profitable Aktivitäten, wie Point of Payment, Forex und ungesicherten Kreditgeschäfte drängt. Branchenweite Digitalisierung verändert die Dynamik des Bankgeschäfts.
Einige dieser neuen Konkurrenten sind erfolgreiche, globale, digitale Unternehmen, die darauf aus sind, ihre Geschäfte auszudehnen, und deren Einzug muss mit einer Warnung einhergehen. Francisco Gonzales, Vorstandsvorsitzender von BBVA, hat gesagt: «Manche Banker und Analysten denken, dass Google, Facebook, Amazon oder dergleichen nicht vollständig in ein stark reguliertes, margenschwaches Geschäft wie das Bankwesen einsteigen werden. Dem stimme ich nicht zu. Des Weiteren denke ich, dass Banken, die nicht auf solche neuen Konkurrenten vorbereitet sind, mit Sicherheit dem Untergang geweiht sind.»
Wo auch immer Sie hinsehen, der den Banken innewohnende Konservatismus lässt sie gegenüber gewandter neuer Konkurrenz verwundbar dastehen. Und das F+E-Programm einer einzelnen Bank wird niemals genug sein, um mit diesem Zuwachs an Konkurrenz und gewaltigen digitalen Veränderung in jedem Bereich des Sektors fertig zu werden. Was wir brauchen, ist branchenweite Zusammenarbeit und Investition, um innovative Technologie zu entdecken, zu entwickeln und zu beschleunigen, die es Banken erlaubt, in jeder Funktion, jeder Dienstleistung und jedem Produkt zu konkurrieren.
Deshalb haben Temenos, Spezialist für Bankwesen-Software, und der Start-up Risikokapital-Spezialist Polytech Ventures sich verbündet, um es einfacher für Banken zu machen, die Notwendigkeit für F+E und Innovation zu verstehen und anzunehmen. Fusion, die Schweizer Fintech-Fabrik, kombiniert unsere Erfahrung im Bankwesen-IT und Risikokapital, und ist der erste Fintech gewidmete Inkubator des Landes.
Die Schweiz ist der perfekte Ort dafür, dank ihrer umfangreichen Bankenkultur. Sie hat etablierte Unternehmensnetzwerke und Erfahrung, sowie Forschungszentren und Universitäten von Weltklasse. Gestartet diesen Winter und betriebsbereit im Herbst, wird der Inkubator durch das Zusammenbringen verschiedener Gemeinschaften ein komplettes Ökosystem zur Entwicklung und zum Gedeihen von Start-up Fintech-Unternehmen zur Verfügung stellen, um wahrhaft erfolgreiche Unternehmen zu schaffen.
Zugang zu Finanzierung wird durch Polytech Ventures erleichtert, während Temenos Mentoring und Förderung bietet. Unternehmen im Inkubator werden in den Genuss von regelmäßigen Treffen, einer Vordenkerrolle, der Gegenwart eines Vorstandsmitglieds und von geteiltem Wissen, sowie von zweckbestimmter Finanzierung und zweckbestimmtem Personal kommen. Sie werden in der Lage sein, die Netzwerke der Sponsoren und Unterstützer zwecks weiterer Finanzierung, Rückmeldung, Entwicklung und Kunden anzuzapfen, was ihnen dabei hilft, sich schneller und besser zu entwickeln.
Der Inkubator wird die besten Fintech Start-up-Ideen hegen und pflegen, und Banken erlauben, nicht nur der Konkurrenz gegenüber zu treten, sondern ihre eigenen Geschäfte zu entwickeln. Mit den richtigen Innovationen, was kann sie aufhalten es Amazon oder Apple gleich zu tun, und ihre Angebote über den eigenen Sektor hinaus zu erweitern – ein Portal zu werden für Musik, Bücher und andere Produkte und Dienstleistungen?
Das scheint im Moment alles ein wenig von der Reaktionsfähigkeit einer Bank entfernt zu sein. Nehmen Sie Mobiltelefone. Laut den Beratern McKinsey & Co sind in den US mehr als die Hälfte der Mobiltelefonverträge für Smartphones, und 1 von 3 von diesen wird zum Bezahlen benutzt. Weiterhin interagiert der durchschnittliche Mobilkunde mindestens zwei Mal pro Tag mit seiner Bank, und diese Transaktionen repräsentieren mehr als 80% der Kunde/Bank-Interaktionen.
Aber Banken haben in diesem Bereich kläglich unterinvestiert. Eine Studie von Accenture offenbart, dass nur 20% der US-Banken Mobiltelefone als einen Fokus für Entwicklung und Investition betrachten. Das Resultat: all zu oft haben Banken seichte digitale Angebote, die nur einfache Transaktionen der Kunden abdecken, was es geschickten Start-ups und Konkurrenten von außerhalb der Finanzbranche offen lässt, einzusteigen und das Geschäft abzuschöpfen.
Dies muss sich ändern. Mobiltelefon, soziale Medien, die Cloud und Big Data liefern der globalen Ökonomie beinahe täglich neue Produkte und Dienstleistungen. Und es wird noch mehr kommen – das Internet der Dinge und Anwendungsprogrammierschnittstellen (APIs) sind beide angetreten, unsere Lebensweise und die Bankgeschäfte der Banken zu revolutionieren.
Die Forschungsgruppe Gartner sagt voraus, dass zum Ende dieses Jahres 5 Milliarden Geräte ans Internet angeschlossen sein werden – und das ist erst der Anfang. Im Kontext der Bankgeschäfte ist das eine massive Verschiebung der Art und Weise, wie Kunden Dienstleistungen verlangen werden. Es bedeutet mehr Echtzeit-Transaktionen, und, so wie die Dinge stehen, mehr als Banken zu bewältigen hoffen können.
Der steigende Konsum von APIs in Bankgeschäften bietet signifikanten Raum für Innovation. Banken können Partnern APIs anbieten, so dass deren Produkte über neue Kanäle verkauft werden können. Aber, interessanter ist es, wenn Banken die APIs von Partnern konsumieren, einen Marktplatz entwickeln für Bankendienstleistungen, die über die eigenen Produkte hinausgehen. Dies könnte darin münden, dass sie einen weiten Bereich von Produkten gemäss dem Geschmack der Kunden vertreiben – und potentiell weit über rein finanzielle Dienstleistungen hinaus reichend – ohne den Berührungspunkt zu verlieren und aus dem Spiel ausgeschlossen zu werden.
Aber Innovation ist nicht nur, der neuen Konkurrenz gegenüber zu treten – da ist die Aussicht auf zusätzliche Einnahmen, ermöglicht durch digitale Veränderung. McKinsey schätzt, dass Retailbanken, die ein volles digitales Programm annehmen, ihr EBITDA in den nächsten fünf Jahren um mehr als 40% anheben können. Eine solche Investition wird es den Banken erlauben, ihr existierendes Geschäftsmodell vollständig zu nutzen, und ihren Kunden einen kompletten, wettbewerbsfähigen und profitablen Service zu bieten.
Das Inkubator-Ökosystem wird Banken und anderen Anbietern finanzieller Dienstleistungen erlauben, neue Ideen zu entdecken, zu hegen und pflegen, zu entwickeln und zu betreuen, und die ersten zu sein, die Früchte zu ernten – es wird die Banken wieder zurück an die Spitze des Spiels bringen. Aber das ist nicht alles. Sein Erfolg wird die Schweiz als ein voraussehendes Finanzzentrum re-etablieren, um gegen New York und London anzutreten, wo ähnliche Inkubatoren schon betriebsbereit sind. Es wird gut sein für das Bankwesen, gut für die Schweiz und gut für das Geschäft.
Autoren: Ben Robinson ist Leiter der Strategie & Innovation-Abteilung von Temenos und Guillaume Dubray ist geschäftsführender Partner bei Polytech Ventures.