San Francisco – Der SAP-Rivale Salesforce kämpft wegen der trüberen Wirtschaftslage zusehends mit einem gedämpften Wachstum. Für das laufende zweite Quartal peilen die Kalifornier nur ein Umsatzplus auf Jahressicht von bis zu acht Prozent an, was erstmals seit Start der Börsennotierung vor fast zwanzig Jahren kein prozentual zweistelliges Wachstum in einem Quartal mehr bedeuten würde. Der Aktienkurs sackte am Donnerstag im vorbörslichen US-Handel ab, Analysten hatten sich mehr erhofft. Schon am Vorabend nach US-Börsenschluss hatten die Zahlen des Softwarespezialisten für Enttäuschung gesorgt, welche auch ein kräftiges Umsatzplus aus dem vergangenen Quartal nicht lindern konnte.
Der Aktienkurs des Konzerns von Chef Marc Benioff aus San Francisco hatte sich seit Ende November schwungvoll von einer längeren Schwächephase erholt und war Anfang März auf ein Rekordhoch über 318 US-Dollar gestiegen. Mit der Enttäuschung rund um die aktuellen Wachstumsaussichten droht sich der seitdem schwächere Trend deutlich zu verschärfen. Bereits im nachbörslichen Handel am Vorabend gab das Papier deutlich nach, am Donnerstag waren es vor Handelsstart knapp 17 Prozent Minus.
UBS-Analyst Karl Keirstead schrieb, die Träume auf eine Erholung seien mit den unerwartet schwachen Aussichten verflogen. Vor allem habe Salesforce bei den auf Sicht der kommenden zwölf Monate vorliegenden Buchungen die Erwartungen verfehlt und das zum ersten Mal seit rund anderthalb Jahren. Softwarehersteller geben Investoren oft einen Ausblick über die in den kommenden Quartalen anfallenden Umsätze, die über laufende Abogebühren bereits gedeckt sind.
Signal für eine breit angelegte «Malaise» in der Softwarebranche
Experte Keirstead wertete den Ausblick von Salesforce als Signal für eine breit angelegte «Malaise» in der Softwarebranche. Er sieht auch keinen Beleg für eine Erholung in der zweiten Jahreshälfte. JPMorgan-Analyst Mark Murphy konstatierte ebenfalls eine maue Wirtschaftslage als Ursache für schwache Buchungen der Kunden. Diese überwogen seiner Ansicht nach bestimmte Änderungen im Vertrieb von Salesforce. Allerdings erschien ihm der scharfe Kursrutsch der Salesforce-Aktie übertrieben.
Konzernchef Benioff stellt für das laufende zweite Geschäftsquartal (Ende Juli) einen Umsatz von 9,2 bis 9,25 Milliarden Dollar in Aussicht. Analysten hatten im Schnitt mit 9,35 Milliarden gerechnet. Bei der operativen Marge für das Gesamtjahr inklusive Sondereffekten macht Salesforce Abstriche und geht nur noch von 19,9 Prozent vom Umsatz aus. Bisher standen 0,5 Prozentpunkte mehr im Plan.
Der Erlös stieg im ersten Geschäftsquartal bis Ende April im Jahresvergleich um 11 Prozent auf 9,13 Milliarden Dollar (8,4 Mrd Euro). Die für die kommenden zwölf Monate eingeheimsten Buchungen für Software stiegen gegenüber dem Vorjahresstichtag um 10 Prozent auf 26,4 Milliarden Dollar. Das war weniger als vom Konzern im Februar in Aussicht gestellt und auch weniger als am Ende des vorangegangenen Geschäftsjahres mit 27,6 Milliarden Dollar.
Gründer und Chef Benioff verwies derweil auf einen seiner Ansicht nach starken Mittelzufluss, der auch im Gesamtjahr wie bisher ausfallen soll. Das Unternehmen stehe am Beginn einer massiven Geschäftschance durch Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz (KI), sagte er. Dafür sei Salesforce gut aufgestellt. Benioff hatte nach der Pandemie und nach seiner langjährigen milliardenschweren Einkaufstour Ärger mit einflussreichen Investoren, denen er Zugeständnisse machte. Salesforce achtet seitdem stärker auf die Profitabilität.
Gewinnsprung
Unterm Strich sprang der Gewinn in den abgelaufenen drei Monaten von knapp 200 Millionen auf gut 1,5 Milliarden Dollar nach oben. Ein Jahr zuvor waren unter anderem hohe Umbaukosten angefallen.
Salesforce ist spezialisiert auf Unternehmens-Software zum Kundenmanagement (CRM) und bietet unter anderem auch den dazugekauften Büro-Kommunikationsdienst Slack an. SAP hatte unter Ex-Chef Bill McDermott auch mit dem Zukauf des US-Marktforschers Qualtrics versucht, stärker in der Domäne des US-Rivalen beim Management von Kundendaten zu wildern.
Inzwischen haben die Walldorfer unter Chef Christian Klein den Fokus aber wieder verstärkt auf Programme zur Unternehmenssteuerung (ERP) gerichtet und wollen damit vor allem in der Cloud zur Nutzung über das Netz als Aboversion punkten. Qualtrics hat Klein dagegen wieder abgestossen. (awp/mc/ps)