SAP wendet Milliardenstrafe für Datendiebstahl ab
SAP-Co-CEO Bill McDermott.
Oakland – Wende im Datenklau-Streit der Softwaregiganten: Die milliardenschwere Schadenersatzzahlung der deutschen SAP an den US-Erzrivalen Oracle ist vom Tisch. Eine Richterin im kalifornischen Oakland kassierte eine Entscheidung gegen die Walldorfer, die 1,3 Milliarden Dollar löhnen sollten. Der Betrag sei «extrem übertrieben», stellte Richterin Phyllis Hamilton am Donnerstag fest.
Unicredit-Analyst Knut Woller sprach am Freitag von einer guten Nachricht. Allerdings bleibe abzuwarten, ob die Amerikaner das neue Urteil annähmen oder es zu einer Fortsetzung der «Saga» komme, warnte er. Und offensichtlich will Oracle sich so schnell nicht geschlagen geben. Wie geht es nun weiter? Möglichkeit eins wäre, dass Oracle eine verringerte Zahlung von 272 Millionen Dollar akzeptiert. Auf diese Summe bezifferte die Richterin den tatsächlich entstandenen Schaden. Möglichkeit zwei: SAP erhält ein komplett neues Verfahren.
Ziel vorerst erreicht
So oder so – SAP, der Weltmarktführer für Unternehmenssoftware, hat sein Ziel zunächst erreicht und den Ende 2010 ergangenen ursprünglichen Urteilsspruch einer Jury ausgehebelt. Wegen der drohenden Milliardenstrafe hatte SAP 929 Millionen Euro an die Seite legen müssen. «Wir sind zufrieden mit der deutlichen Reduzierung des Schadenersatzes», sagte ein SAP-Sprecher. Es sei aber noch zu früh, um über die Auflösung der Rückstellung zu befinden. «Wir hoffen, dass die Entscheidung des Gerichts helfen wird, diesen Fall zu einem Ende zu bringen.» Das Verfahren läuft schon seit Jahren.
Oracle kampflustig
Oracle zeigte sich jedoch kurz nach der Entscheidung kampflustig und machte gleich die Hoffnung zunichte, dass der Streit bald enden könnte. «Wir sind der Überzeugung, dass die Jury Recht hatte», erklärte eine Sprecherin. «Und wir beabsichtigen, den vollen Umfang des Schadenersatzes einzutreiben, der unserer Meinung nach Oracle zusteht.» Die gestohlenen Daten hätten einen «gewaltigen Wert» gehabt. SAP war mit der Übernahme der Software-Wartungsfirma TomorrowNow 2005 in den Schlamassel geraten. Mitarbeiter von TomorrowNow hatten im grossem Stil unrechtmässig Updates bei Oracle heruntergeladen. Oracle klagte 2007 mit dem Vorwurf des Datendiebstahls und bekam Ende November 2010 vor einem Geschworenengericht Recht.
SAP entschuldigt sich
Der Dax-Konzern hatte die Verfehlungen zwar im Kern eingeräumt, sich dafür entschuldigt und zugesichert, den tatsächlich verursachten Schaden auch zu ersetzen. Doch genau daran scheiden sich die Geister: Während SAP in Millionen denkt, spricht Oracle von Milliarden. SAP ist nach Börsenwert die zweitgrösste deutsche Firma hinter Siemens und der Weltmarktführer für Unternehmenssoftware. Damit steuern Firmen ihre Geschäftsprozesse, etwa die Buchhaltung oder die Kundenverwaltung. Oracle-Chef Larry Ellison gab in den vergangenen Jahren dutzende Milliarden Dollar für Zukäufe aus, um aufzuholen. Oracle ist die Nummer eins bei Datenbanken. (awp/mc/ps)