SAP kommt besser durchs Quartal als gedacht – Schwacher Euro schiebt an
Walldorf – Europas grösster Softwarehersteller SAP hat zur rechten Zeit Unterstützung vom schwachen Euro bekommen. Auch weil die Umrechnung der Auslandsgeschäfte in Euro die Resultate deutlich aufhübschte, kam das Unternehmen besser durch das schwierige dritte Quartal als von Experten befürchtet. Das Management hatte bereits vorgewarnt, dass beim Ergebnis wegen der Investitionen in das Cloudsoftware-Angebot die Talsohle durchschritten werden müsse. Unter dem Strich verzeichnete das Unternehmen gar einen regelrechten Gewinneinbruch. Vorstandschef Christian Klein sieht den Konzern aber jetzt wieder auf dem aufsteigenden Ast und kündigte in einigen Bereichen Rekordwerte für das vierte Quartal an.
An der Börse kam das Zahlenwerk denn auch insgesamt gut an. Die Aktie gewann nach dem Handelsstart 4,2 Prozent. Damit könnte das Papier die Erholung von den Mehrjahrestiefs im September fortsetzen. So war der Kurs zeitweise unter die Tiefstände aus dem Corona-Crash vor zweieinhalb Jahren gerutscht.
Einige dürften die Resultate des Zwischenberichts wegen schwacher Lizenzverkäufe, den verfehlten Erwartungen beim Nettogewinn je Aktie und einem gestutzten Jahresziel beim Barmittelzufluss als durchwachsen einschätzen, schrieb Baader-Bank-Analyst Knut Woller in einer frühen Einschätzung. Umsatz und operatives Ergebnis seien aber besser ausgefallen als gedacht. Im Lichte der aktuellen Marktbewertung sehe er das wie auch die anziehende Bruttomarge im Cloudgeschäft positiv vor dem Hintergrund konjunktureller Probleme.
Ergebnis vor Zinsen und Steuern auf Vorjahresniveau
Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern lag mit knapp 2,1 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau, wie das Dax-Schwergewicht am Dienstag in Walldorf mitteilte. Das war mehr als von Analysten zuvor im Schnitt geschätzt. Bereinigt um Wechselkurseinflüsse wäre das operative Ergebnis allerdings um 8 Prozent gefallen.
Der Umsatz legte insgesamt um 15 Prozent auf unerwartet hohe 7,84 Milliarden Euro zu – zwei Drittel des Zuwachses kamen aus Währungseffekten. Während die einträglichen Softwarelizenzen einmal mehr schwächer als erwartet abschnitten, konnte SAP beim erklärten Wachstumsfeld aus der Cloud ein Umsatzplus von 38 Prozent vorweisen – getrieben von der Cloudversion der Kernsoftware S/4 Hana. Insbesondere bei dieser forciert Chef Klein das Wachstum, auch weil die grossen US-Rivalen den Badenern in ihrer Ur-Domäne, den Programmen zur Steuerung des allgemeinen Unternehmensbetriebs, das Wasser abzugraben drohen.
Angesichts von ersten Problemen und Warnungen bei anderen Softwareanbietern sei der Anstieg bei den Cloudaufträgen von SAP beeindruckend, schrieb Analyst Toby Ogg von der US-Grossbank JPMorgan. Die Bestellungen für S/4 Hana aus der Cloud legten nahe, dass die Kunden weiter auf dieses Programm umstiegen – trotz der wirtschaftlichen Lage. Ein grosser Teil der Orders komme auch von neuen Kunden, sagte Christian Klein in einer Telefonkonferenz.
Klein sieht SAP am Wendepunkt
Der Manager sieht SAP am Wendepunkt. Mit den Investitionen in Marketing, Produkte und Technik rund um die Cloudsoftware hatte SAP Belastungen der Gewinne in Kauf genommen, um später schneller zu wachsen. Kommendes Jahr soll das operative Ergebnis prozentual zweistellig zulegen – und auch das laufende vierte Quartal dürfte weit besser aussehen als die bisherigen Zahlen, sagte Klein. Noch rang sich das Management aber nicht dazu durch, die Mittelfristprognosen für das Jahr 2025 wie in Aussicht gestellt aufzustocken.
Unter dem Strich brach der Nettogewinn von SAP im Quartal um 61 Prozent auf 547 Millionen Euro ein. Vor einem Jahr hatten Beteiligungsergebnisse des Risikokapitalfonds Sapphire Ventures mit dem Aufschwung an den Börsen die Gewinne deutlich in die Höhe getrieben, weil die Unternehmenswerte von Start-ups zulegten. Durch die aktuelle Lage an den Finanzmärkten kam das diesmal nicht zustande.
Für die Aufgabe von Geschäften in Russland und Belarus wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine fielen im dritten Quartal nur noch geringe Kosten in Höhe von rund 20 Millionen Euro an. Insgesamt schätzt der scheidende Finanzchef Luka Mucic in diesem Jahr die Belastungen für das bereinigte operative Ergebnis noch auf zusammengenommen 300 Millionen Euro. Vor drei Monaten hatte SAP noch 50 Millionen Euro mehr einkalkuliert. Allerdings wird sich der Ausstieg aus dem Geschäft wegen rechtlicher Anforderungen gegenüber Kunden und Beschäftigten noch weiter hinziehen und nicht wie einst geplant bis Jahresende vollzogen sein.
Umsatz- und Ergebnisprognosen für 2022 bestätigt
Die Umsatz- und Ergebnisprognosen für dieses Jahr bestätigte das Management. Beim freien Barmittelzufluss geht Mucic aber nur noch von rund 4,5 Milliarden Euro aus statt wie bisher von mehr als 4,5 Milliarden Euro. Grund seien vor allem die niedrigeren Gewinne in diesem Jahr. Die Steuerquote dürfte mit rund 45 Prozent höher liegen als zuvor vom Unternehmen erwartet – allerdings seien wegen der Schwankungen bei Sapphire Ventures infolge der Bedingungen am Kapitalmarkt auch noch grössere Abweichungen davon möglich. (awp/mc/ps)