Zürich – Immer mehr Menschen in der Schweiz brauchen zum Einkaufen, Bezahlen und Überweisen ihr Smartphone: 74% suchen auf ihrem Gerät mindestens gelegentlich nach Produktinformationen, 59% kaufen direkt auf ihrem Smartphone ein, 40% benutzt das Smartphone zum Bezahlen von Fahrkarten, 27% zum Zahlen an der Ladentheke. Die Deloitte-Umfrage unter 1 000 Personen [Grafiken auf der Website] zeigt weiter, dass 65% mindestens gelegentlich Bankgeschäfte auf dem Smartphone abwickeln. Junge verwenden das Smartphone oft um ein Vielfaches häufiger als die Generation 50+. Im internationalen Vergleich sind die Menschen in der Schweiz noch zurückhaltend. Um diese Trends gewinnbringend nutzen zu können, müssen Finanzinstitute und Einzelhändler jetzt bewusst investieren.
Das Smartphone wird zum Steuerungsinstrument des Lebens: In der Schweiz besitzen 92% aller Erwachsenen ein solches Gerät und 97% davon brauchen es täglich, nicht zuletzt auch, um einzukaufen und Bankgeschäfte zu tätigen. Dies ergab eine Befragung von über 1 000 Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz sowie insgesamt 54’150 Personen aus 34 weiteren Industrie- und Schwellenländern für die Deloitte Global Mobile Consumer Survey.
Computer für Shopping vor Smartphone
Beim mobilen Einkaufen über das Smartphone besteht in der Schweiz bei allen Alterskategorien noch viel Potenzial. Am beliebtesten ist der Laptop: 37% geben an, ihre Onlineeinkäufe am liebsten mit dem portablen Computer zu tätigen. Mit 24% folgt der Desktop-Computer und erst dahinter mit 19% das Smartphone. Nur insgesamt 11% shoppen am liebsten mit dem Tablet, obwohl ganze 62% der Befragten ein solches Gerät besitzen.
Grosse Unterschiede gibt es aber auch bei der Handynutzung zwischen den Alterskategorien. Kleider online bestellen, Kinotickets einkaufen, einen Tisch im Restaurant reservieren oder eine Städtereise buchen: Vor allem junge Menschen erledigen dies alles auf ihrem Smartphone, gerne auch von unterwegs (35% der 18–24-Jährigen). Bei den 25–34-Jährigen sind es sogar 40%, bei den 45–54-Jährigen noch 9%, bei den 55–64-Jährigen 7% und bei den 65–70-Jährigen nur noch 4%, die Online-Einkäufe am liebsten mit dem Smartphone tätigen. Laptop und Desktop sind bei diesen älteren Zielgruppen viel beliebter.
Zwei Lücken im Shopping-Prozess
Die Studie zeigt ausserdem zwei Lücken im Einkaufs- und Bezahlprozess auf, bei denen die Nutzer sozusagen aus dem Verkaufskanal fallen. Die erste Lücke besteht zwischen der Informationsbeschaffung und dem Einkauf. Das mobile Kaufen ist weniger verbreitet als das mobile Informieren. Dies liegt daran, dass die Kundschaft nach der Online-Informationssuche immer noch gerne in stationären Läden einkauft – etwa, um die Produkte zu begutachten oder sich zusätzlich persönlich beraten zu lassen. Die Lücke deutet aber auch darauf hin, dass die Anbieter ihre mobilen Verkaufskanäle noch nicht optimal umgesetzt haben.
Die zweite Lücke besteht zwischen dem Einkaufen mit dem Smartphone und dem Bezahlen im Online-Shop. 71% der Smartphone-Shopper kramen zum Bezahlen oft ihre Bank- oder Kreditkarte aus dem Portemonnaie und geben ihre Daten von Hand ein. 42% benützen gerne Online-Bezahlsysteme wie Paypal oder Twint, nur 8% nannten als eine der normalerweise genutzten Bezahlmethoden Apple-Pay, Google Pay oder Samsung Pay. Bei 26% kommt es zu einer zeitlichen Trennung zwischen Einkaufen und Bezahlen. Diese Shopper zahlen ihre Einkäufe nicht direkt im Online-Shop, sondern per Vorkasse oder Rechnung mithilfe der Mobile-Banking-App ihres Finanzinstituts.
Smartphones verwischen Grenzen
«Dank Smartphones verschwimmen die Grenzen zwischen Online- und Offline-Handel. Zu Hause, unterwegs und im Laden können online immer Informationen und Preisvergleiche abgerufen werden. Darauf müssen sich der Einzelhandel und die Hersteller einstellen und gleichzeitig versuchen, die Lücken im Einkaufs- und Bezahlprozess zu schliessen. Nahtloses mobiles Einkaufen und Bezahlen muss intuitiver und attraktiver werden», sagt Konstantin von Radowitz, Leiter Consumer & Industrial Products bei Deloitte Schweiz.
Der gesamte mobile Einkaufs- und Bezahlprozess sollte zudem flexibel ausgestaltet werden. Die Konsumenten wollen an den Punkten ein- und aussteigen können, wo es ihnen sinnvoll und angenehm erscheint. So bezahlen bereits 10% täglich oder wöchentlich mit dem Smartphone ihre Einkäufe an der Ladentheke, 27% haben das bereits mindestens einmal gemacht. Das ist ein höherer Anteil als in den Nachbarländern Frankreich und Deutschland, aber leicht unter dem globalen Schnitt von 34% und weit hinter China mit 94%. In China wurde die Umfrage nur in den urbanen Gebieten durchgeführt.
Verschwindet das Portemonnaie?
Das direkte Bezahlen auf beziehungsweise mit dem Smartphone steht auch an der Ladenkasse in starker Konkurrenz zur Kartenzahlung. In beiden Fällen muss etwas hervorgeholt und an das Lesegerät gehalten werden und ebenfalls in beiden Fällen kann die Zahlung erfasst und damit nachvollzogen und überprüft werden. Hier haben die Kartenbetreiber eine Schwachstelle ihrer Dienstleistung mittels Apps beseitigt; diese dienen gleichzeitig auch der Authentifizierung. Im Nachteil sind allerdings Bezahl-Apps, die nicht auf die Nahfunk-Schnittstelle (NFC) des Smartphones zugreifen können, der Bezahlprozess ist dann viel aufwändiger.
Brauchen wir bald kein Portemonnaie mehr? In diese Richtung geht der Trend: «Immer mehr Kundenkarten, Mitgliederausweise oder Billette sind auch auf dem Smartphone verfügbar. Und je dünner das Portemonnaie, desto stärker wird sich das Smartphone auch zum Bezahlen etablieren», erläutert Konstantin von Radowitz.
Mobile Banking auf dem Vormarsch
Für die Abwicklung von alltäglichen Bankgeschäften ist schon lange kein Computer mehr nötig. So erledigen bereits 65% mindestens gelegentlich ihre Finanzgeschäfte via Smartphone. Die Schweiz liegt damit leicht unter dem globalen Wert und weit unter dem Anteil im urbanen China. Junge Leute überprüfen ihren Kontostand gerne mobil. 45% der 18–24-Jährigen nehmen dazu am liebsten das Smartphone zur Hand, bei den 65–70-Jährigen sind es nur 13%. Knapp die Hälfte (49%) bezahlen zumindest gelegentlich ihre Rechnungen mobil – Papierrechnungen einscannen ist hier ein klarer Vorteil.
Direktüberweisungen sind beliebt und praktisch: 33% transferieren mindestens gelegentlich mobil Geld an eine Person in der Schweiz, zum Beispiel über Paypal oder Twint. Bei diesen Transaktionen sind solche Apps gegenüber klassischen Überweisungen deutlich im Vorteil – sie sind schneller und bequemer. Auch hier zeigt sich im internationalen Vergleich ein ähnliches Bild: Die Schweiz liegt vor Deutschland und Frankreich, aber deutlich unter dem globalen Schnitt von 50% und weit unter dem chinesischen von 94%.
Differenzierung durch Innovation
«Die Umfrage bestätigt unsere Beobachtungen: Das Smartphone als Schnittstelle zwischen Kunde und Bank wird immer wichtiger. Insbesondere für Retailbanken wird es unabdingbar, diese Schnittstelle zur Bereitstellung von Finanzinformationen und Abwicklung von Transaktionen zu nutzen. Neue Marktteilnehmer setzen bereits heute hauptsächlich auf Mobile Banking als Schnittstelle zum Kunden. Eine durchdachte und gut abgestimmte Integration des Smartphones in eine kohärente Multi-Channel-Strategie ist zentral für die künftige Wettbewerbsfähigkeit der Banken», erklärt Adam Stanford, Leiter Finanzdienstleistungsindustrie bei Deloitte Schweiz.
Das Potenzial bei mobilen Finanzdienstleistungen ist bei Weitem nicht ausgeschöpft. «Innovationen sind aber nur sinnvoll, wenn sie Nutzen für den Kunden stiften. So sollten zum Beispiel auch komplexere Prozesse – inklusive der Aufnahme von Neukunden – vollständig auf dem Smartphone durchgeführt werden können. Nur transparente, einfach nachvollziehbare und unkomplizierte mobile Lösungen werden die Kundenbindung und -zufriedenheit erhöhen», analysiert Adam Stanford. (Deloitte/mc/ps)