Stefano Santinelli, CEO Localsearch (Swisscom Directories AG), im Interview

Stefano Santinelli, CEO Localsearch (Swisscom Directories AG), im Interview
Stefano Santinelli, Chef der Swisscom Directories AG.

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Herr Santinelli, seit drei Jahren leiten Sie Localsearch. Wie war die Ausgangslage bei Ihrem Start?

Stefano Santinelli: Localsearch war vor drei Jahren in einer sehr guten Lage. Das Unternehmen zählte damals gut 1’000 Mitarbeitende und 300‘000 Kunden. Das Online-Geschäft auf local.ch und search.ch basierte auf dem typischen Eintragsgeschäft, das vom Telefonbuch mitgenommen worden war. Es machte ungefähr die Hälfte des Umsatzes aus.

«Auch kleine KMU sollen Möglichkeiten der Online-Welt ausnützen.»

Dem Geschäft mit Online-Adressverzeichnissen waren aber Grenzen gesetzt. Welche Strategie haben Sie bei Localsearch umgesetzt?

In den letzten drei Jahren hat sich Localsearch stark verändert. Wir haben das Produkteportfolio komplett neu ausgerichtet auf die Online-Präsenz von KMU. Unsere Kunden sind kleine Unternehmen, beispielsweise Handwerkerbetriebe oder Coiffeurgeschäfte. Diese kleinen KMU sind von der Digitalisierung überfordert. Während fast alle Schweizerinnen und Schweizer heute online sind, sind es längst nicht alle Kleinbetriebe.

«In den letzten drei Jahren hat sich Localsearch stark verändert. Wir haben das Produkteportfolio komplett neu ausgerichtet auf die Online-Präsenz von KMU.»

Heute bieten wir Google- und Facebook-Kampagnen, Präsenz-Management, Customer Relationship Management, Websites oder Cash-Management an – alles, was ein KMU in der Online-Welt braucht. Das klassische Verzeichnisgeschäft macht nur noch 15 Prozent von unserem Umsatz aus.

Welches sind heute die wichtigsten Umsatzträger?

Ein Schwerpunkt ist das Präsenz-Management. Damit können kleine KMU auf diversen Plattformen auftreten, von Google über Facebook und Instagram bis zu Navigationssystemen. Weiter macht das Online-Marketing, das wir für unsere Kunden auf Google, Facebook oder Instagram umsetzen, bis zu zehn Prozent von unserem Umsatz aus. Sehr stark ist seit längerem auch unser Geschäftsbereich, Webseiten für unsere Kunden zu erstellen und zu managen.

Sehen Sie rund um die Online-Präsenz von KMU weitere Möglichkeiten für Localsearch?

Potenzial sehe ich bei Vergleichsportalen. Für die Kundensegmente Fahrlehrer oder Treuhänder bieten wir solche bereits an. Ein anderes wichtiges Thema ist die Spracherkennung bei Smartphones. Wir gehen davon aus, dass in einigen Jahren gut 40 Prozent der Anfragen in der Schweiz über die Stimme gemacht werden. Hier planen wir in Zukunft auch ein Angebot für KMU. Weiter möchten wir uns an ein neues Kundensegment adressieren: an die Gemeinden in der Schweiz. Denn bei vielen Gemeinden ist die Online-Präsenz noch gering.

«Ein anderes wichtiges Thema ist die Spracherkennung bei Smartphones. Wir gehen davon aus, dass in einigen Jahren gut 40 Prozent der Anfragen in der Schweiz über die Stimme gemacht werden.»

Das Produkteportfolio hat sich also stark verbreitert in den letzten Jahren.

Ja, aber grundsätzlich wollen wir das Portfolio für unsere Kunden noch einfacher gestalten. Die KMU sollen wirklich alles aus einer Hand erhalten und die Produkte sollen sich so auch gegenseitig stärken. Zum Beispiel, indem eine Kampagne mit einer Webseite und mit einem Buchungssystem verbunden wird.

Und dann haben Sie im Frühjahr 2019 ein neues Produkt unter dem Namen Swiss List lanciert. Worauf zielt dieses Produkt ab?

In der Schweiz hat nur etwa ein Fünftel der kleinen KMU einen gut gemanagten Online-Auftritt. An alle anderen adressieren wir uns mit unserem neuen Produkt Swiss List. Es bietet eine zentrale Online-Verwaltung für Plattformen und Verzeichnisse, wo Schweizerinnen und Schweizer suchen: Google, Bing, local.ch und search.ch, aber auch Navigationssysteme.

«Die KMU sollen wirklich alles aus einer Hand erhalten.»

Eine Coiffeuse beispielsweise kann auf einfache Weise alle Informationen zu ihrem Geschäft auf diesen Plattformen laufend aktuell halten. Das sind wertvolle Informationen, welche die Schweizer User dann in ihr Geschäft bringen können.

Die grossen Suchmaschinen und Plattformen sind sehr gewichtige Konkurrenten zu Ihren eigenen Verzeichnissen local.ch und search.ch. Wie kann sich Localsearch in diesem Umfeld positionieren?

Google oder Bing sind natürlich Konkurrenten für uns. Wir möchten aber, dass unsere User auch auf local.ch und search.ch nach Informationen, Dienstleistungen und Produkten suchen. Anderseits pflegen wir eine lange Partnerschaft mit Google, aber auch mit Facebook und bald auch mit Amazon. Wir sehen unseren Vorteil in der Schweiz in der Kundennähe: Wir sind nahe bei den kleinen Unternehmen und besuchen unsere Kunden vor Ort. Wir betreiben einen telefonischen Kundendienst in vier Sprachen. Man kann bei uns auch wie in der Schweiz üblich auf Rechnung zahlen und eine Rechnung beanstanden – probieren Sie das einmal bei Google oder Facebook.

«Wir sehen unseren Vorteil in der Schweiz in der Kundennähe: Wir sind nahe bei den kleinen Unternehmen und besuchen unsere Kunden vor Ort. Wir betreiben einen telefonischen Kundendienst in vier Sprachen.»

Stichwort Online-Handel: Er bedrängt vielerorts das klassische Ladengeschäft. Wie kann ein kleines KMU hier mithalten?

Ja, in der Schweiz wächst E-Commerce rasant. Grosse nationale oder globale Plattformen wie Amazon, Digitec, E-Bay und Ricardo dominieren den Markt. Allerdings haben viele Schweizer KMU besondere Produkte und Dienstleistungen, die sie auch online vertreiben können. Wir bieten einen Zugang zu diesen Plattformen und entsprechende Zahlungssysteme. Damit werden kleine KMU konkurrenzfähig im Online-Handel und erreichen die meisten Schweizer User. Und E-Commerce wird auch für Localsearch zukünftig ein wichtiger Umsatzträger – dieser Geschäftsbereich wächst bereits sehr stark.

… und wenn Sie noch einen Wunsch frei hätten am Schluss des Interviews?

Kleine KMU und auch viele Gemeinden sind noch schwach vertreten in der Online-Welt. Im Gegensatz dazu sind Schweizerinnen und Schweizer Weltmeister in der Nutzung von digitalen Technologien. Ich wünschte mir, dass die KMU alle Möglichkeiten in der digitalen Welt ausprobieren und wirklich ausnützen. Beispielsweise indem sie Kampagnen auf Google oder Facebook umsetzen. Damit jede Schweizerin und jeder Schweizer auch in der Online-Welt vielfältige Kontakte zu Schweizer KMU oder Gemeinden pflegen kann.  

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