Zürich – Sunrise denkt über einen Verkauf eines Teils seiner Mobilfunkantennenmasten nach. Mit dem Geld will der zweitgrösste Telekomanbieter der Schweiz seine Schulden senken. Ob der erste solche Deal hierzulande zustande kommt, ist aber unsicher. An der Börse gibt es gleichwohl Applaus.
Man sei in einer frühen Phase der Abklärungen, ob ein grösserer Teil der Masten veräussert werden solle, teilte Sunrise am Donnerstag mit, nachdem zuvor die Finanznachrichtenagentur Bloomberg über die Pläne berichtet hatte. Es könnten aber noch keine Angaben zur Ausgestaltung oder zum Zeitpunkt eines allfälligen Verkaufs gemacht werden.
Von einen Verkauf der Masten wären lediglich die passiven Elemente des Mobilfunknetzes betroffen, das heisst nur Beton und Stahl, erklärte Sunrise-Sprecherin Therese Wenger auf Anfrage. Die aktiven Netzelemente, wie das strategische Netzwerkmanagement, die Weiterentwicklung des Mobilfunknetzes und die Einführung neuer Technologien, wären nicht tangiert.
Spekulationen über halbe Milliarde
Die Antennenmasten könnten das Interesse von Firmen wecken, die auf Sendemasten spezialisiert seien, oder Private Equity-Gesellschaften anlocken, schrieb Bloomberg. Laut informierten Kreisen sollen die Masten einen Wert von über 500 Mio CHF haben, schrieb die US-Nachrichtenagentur.
«Ob der kolportierte Wert von 500 Mio CHF plausibel ist, weiss ich nicht», sagte Telekomanalyst Panagiotis Spiliopoulos von der Bank Vontobel im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Das hänge von der Art des Deals ab, von dem man nicht wisse, was alles dazugehöre.
Die Frage sei auch, was Sunrise unter «einem grösseren Teil der Masteninfrastruktur» versteht. «Sind das 60% oder 90%?», fragte Spiliopoulos. So lange man die Einzelheiten nicht kenne, könne man nicht beurteilen, ob die 500 Millionen viel oder wenig seien.
Generell stelle sich immer die Frage, ob ein Unternehmen etwas in eigener Regie betreibe oder günstiger am Markt einkaufen könne. «Es kommt immer auf die spezifische Kostenstruktur im Unternehmen an», sagte Spiliopoulos. Sunrise gab zu diesen Fragen keinen Kommentar ab. Das Unternehmen hat gut 3600 Sendemasten.
Keine Pläne bei Swisscom und Salt
Ein allfälliger Verkauf wäre neu für die Schweiz. Alle drei grossen Mobilfunkanbieter Swisscom, Sunrise und Salt besitzen ihre Antennenmasten bislang selber. Bei Swisscom und Salt ist ein solcher Verkauf kein Thema.
In anderen Ländern gibt es den Trend zum Verkauf und Zurückleasen schon seit einigen Jahren. So hat etwa der französische Mobilfunkanbieter Bouygues im vergangenen Sommer mehrere hundert Masten in ländlichen Gebieten an die spanische Mobilfunknetzfirma Cellnex Telecom veräussert.
Auch Telecom Italia, die spanische Telefonica, die niederländische KPN oder die in Moskau gegründete Vimpelcom haben einen Mastenverkauf evaluiert oder durchgeführt.
Sunrise hat gemäss dem neuesten Test des deutschen Fachmagazins «Connect» das beste Mobilfunknetz in der Schweiz. «Wir werden alles daran setzen, diese Position zu behalten. Ein allfälliger Verkauf der Masten hätte keinen Einfluss auf die Qualität des Netzes oder auf die Marktposition von Sunrise», sagte Wenger.
Applaus der Aktionäre
Die Aktionäre freuten sich über die Aussicht auf einen solchen Deal. An der Schweizer Börse stieg die Aktie am Donnerstag um 3,6% auf 69,50 CHF.
Denn mit dem Geld aus einem Verkauf könnte Sunrise die Schulden schneller senken. Damit würde mehr Geld zur Ausschüttung frei. Analyst Spiliopoulos rechnet, dass bei einem Verkaufspreis von 500 Mio CHF bis zu 250 Mio CHF zusätzliche Barmittel für Ausschüttungen an die Aktionäre verfügbar wären. (awp/mc/upd/ps)