Sunrise-Führungsspitze tritt nach geplatztem UPC-Kauf ab

Sunrise-Führungsspitze tritt nach geplatztem UPC-Kauf ab
Sunrise-UPC-CEO André Krause. (Foto: Sunrise)

Zürich – Sunrise startet mit einem Knall ins neue Jahr: Wegen dem gescheiterten Kauf der Kabelnetzbetreiberin UPC nehmen Konzernchef Olaf Swantee, Verwaltungsratspräsident Peter Kurer und Vizepräsident Peter Schöpfer den Hut. Zum neuen Chef des zweitgrössten Schweizer Telekomunternehmens wurde der bisherige Finanzchef André Krause ernannt.

«Als CEO hat man eine langfristige Strategie», sagte Swantee am Freitag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP zu seinem sofortigem Abtritt. «Die langfristige Strategie war, nach der Transformation von Sunrise die Konsolidierung in der Schweiz mit der Übernahme von UPC voranzutreiben.» Das hätten die Sunrise-Aktionäre leider abgelehnt: «Deshalb braucht es einen anderen CEO, der einen neuen langfristigen Plan für das Unternehmen entwickelt.»

Die Entscheidung sei ihm schwer gefallen, sagte der Holländer mit Schweizer Pass, der fast vier Jahre an der Spitze von Sunrise stand. Denn es habe unheimlich Spass gemacht, mit den Mitarbeitern die Firma voranzutreiben, sagte Swantee. Sunrise stehe sehr gut da und sei eine sehr gute Firma.

Meisterstück misslingt
Swantee hatte das Amt des Konzernchefs im Frühling 2016 übernommen, um Sunrise in die nächste Phase nach dem Börsengang von 2015 zu führen. Dabei verlieh er dem Unternehmen zusammen mit Finanzchef André Krause neuen Schwung. So verbesserte Sunrise die Qualität des Mobilfunknetzes und des Kundendienstes. Im November 2016 konnte Sunrise die langjährige Seriensiegerin Swisscom beim Netztest des Branchenmagazins «Connect» vom Thron stossen.

Auch bei der Einführung der neuen Mobilfunkgeneration 5G drückte Sunrise aufs Gas. Mit der Turboversion von 5G deckt die Nummer zwei mehr Ortschaften in der Schweiz ab als die Swisscom. Keine Fortschritte gab es indes bei Umsatz und Betriebsgewinn, die in Swantees Ägide in etwa stagnierten.

Das Meisterstück von Swantee und Verwaltungsratspräsident Kurer hätte jedoch die Übernahme von UPC werden sollen. Doch der im Februar angekündigte Kauf der grössten Kabelnetzbetreiberin für 6,3 Milliarden Franken stiess auf den erbitterten Widerstand von Sunrise-Grossaktionären.

Allen voran kritisierte die deutsche Freenet den Kaufpreis als zu hoch und stemmte sich gegen milliardenschwere Kapitalerhöhung zur Finanzierung des Kaufs. Auch an der strategischen Logik des Zusammenschlusses übte Freenet-Chef Christoph Vilanek Kritik.

Dem Widerstand von Freenet, die rund ein Viertel der Sunrise-Aktien besitzt, schlossen sich weitere Aktionäre an. Der Gegenwind wurde so gross, dass die Sunrise-Führung Ende Oktober in letzter Minute die ausserordentliche Generalversammlung zur Kapitalerhöhung absagte. Im November wurde dann der Kaufvertrag mit UPC-Besitzerin Liberty Global gekündigt. Die Kosten für den gescheiterten Deal beliefen sich für Sunrise auf 120 bis 125 Millionen Franken.

Heftige Kritik an Kurer
Wegen der missglückten Übernahme ergoss sich heftige Kritik über Sunrise-Präsident Peter Kurer. In den Medien wurde immer wieder über seinen Rücktritt und über eine bereits laufende Suche nach einem Nachfolger spekuliert. Sein Abgang war nur eine Frage der Zeit. Gewisse Aktionäre hatten die Demission gefordert.

Nun kündigte Kurer am Freitag seinen Rücktritt auf die kommende Generalversammlung im April an. Auch sein Vizepräsident Peter Schöpfer scheidet aus. Dies sei eigentlich nur konsequent, hiess es in Marktkreisen. Vor seiner Zeit bei Sunrise war Kurer der Öffentlichkeit als Mitglied der UBS-Konzernleitung bekannt. 2008/2009 hatte er bei der Grossbank als Nachfolger von Marcel Ospel das Amt des Verwaltungsratspräsidenten inne.

Auch mit einem Abgang von Konzernchef Olaf Swantee war zu rechnen, der zusammen mit Kurer lautstark die Trommel für den UPC-Kauf gerührt hatte. Zwar bedauern Experten seinen Abgang, erklären aber auch: Wäre er geblieben und hätte nun wieder die Strategie vor dem Deal vertreten, hätte er sich unglaubwürdig gemacht.

Dies sieht Swantee auch so, wenn er sagt: Jetzt «braucht es einen anderen CEO, der einen neuen langfristigen Plan für das Unternehmen entwickelt.»

Erstmals Eigengewächs auf dem Thron
Der Neue ist ein Altbekannter. Krause arbeitet seit 2011 für Sunrise. Als Finanzchef habe er den Börsengang von Sunrise und den späteren Verkauf der Mobilfunkmasten vorangetrieben, schrieb der Telekomkonzern. Vor seiner Zeit bei Sunrise war der Deutsche bei Telefónica O2 Germany als Finanzchef tätig gewesen.

Die Ernennung kam am Finanzmarkt gut an: Dass Finanzchef Krause das Amt übernehme und Swantee Zeit bleibe, seinen Nachfolger ins Amt einzuführen, verspreche Kontinuität, erklärten Analysten. Damit hat Sunrise erstmals in der Firmengeschichte das Amt des Konzernchefs mit einem Eigengewächs besetzt. Die Aktie legte bis Börsenschluss um 0,8 Prozent auf 76,65 Franken zu. Freenet gab sich ebenfalls zufrieden und sagte Krause die volle Unterstützung zu.

Auch Swantee zeigt sich froh: Einfacher gemacht habe ihm die Entscheidung, dass mit dem bisherigen Finanzchef Krause jemand bereit sei, der schon sieben Jahre bei Sunrise sei und alles in der Firma genau kenne. Krause könne Sunrise weiterentwickeln, sagte Swantee.

«Ich werde jetzt André noch bis zur Generalversammlung im April unterstützen», sagte Swantee. Das sei so mit dem Verwaltungsrat und André Krause abgemacht. Man werde sich zusammensetzen, um zu schauen, wo Krause Unterstützung brauche.

Zu den Nachfolgern im Verwaltungsrat und auf dem Posten des Finanzchefs gab sich Sunrise bedeckt. Der Nominations- und Vergütungsausschuss werde vor der Generalversammlung 2020 ein Auswahlverfahren durchführen, um Nachfolger für Kurer und Schöpfer vorzuschlagen, erklärte eine Sunrise-Sprecherin. Auch der neue Finanzchef werde zu gegebener Zeit bekannt gegeben. (awp/mc/ps)

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