Zürich – Nach sechs Jahren Stop-and-Go Politik ist endlich etwas Bewegung in das Thema Arbeitszeitflexibilisierung gekommen. Unter dem Schirm der allianz denkplatz schweiz konnte für die ICT-Branche eine punktuelle Flexibilisierung der Arbeitsgesetzverordnung (ArgV2) erzielt werden. Aber sie entspricht bei Weitem nicht dem grundsätzlichen Wunsch der Arbeitnehmenden nach selbstbestimmter Arbeitszeiteinteilung. Und viele Branchen gehen leer aus, auch solche, welche der allianz denkplatz schweiz angehören.
Die im 2016 eingereichte Parlamentarische Initiative von Alt-Ständerat Konrad Graber hatte zum Ziel, Mitarbeitenden der Wissensberufe die Einteilung ihrer Arbeitszeiten nach eigenem, freiem Ermessen zu ermöglichen. Der Kreis der möglichen Nutzer war dabei bewusst eng gefasst, indem aus verschiedenen Branchen nur die Vorgesetzten und hoch qualifizierten Fachspezialisten von der Flexibilisierung profitiert hätten. Im Winter 2020 entschied die zuständige Kommission, WAK-S den Gesetzesweg zu sistieren, um zwischenzeitlich die Umsetzung der PaIv Graber auf dem Verordnungsweg zu prüfen.
Nach drei Jahren der Prüfung des Verordnungsweges und diversen Verhandlungen mit den Gewerkschaften konnte für die ICT-Branche nun ein kleiner Durchbruch erzielt werden, um der Arbeitsrealität der Mitarbeitenden gerecht zu werden. Zwar sind die Bedingungen für die Lockerungen nach wie vor eng gefasst, aber immerhin führen sie zu einer wichtigen Erleichterung für die betroffene Unternehmen. Konkret konnte Swico, der Verband der Digitalen Schweiz zwei Punkte in die Arbeitsgesetzverordnung (ArgV2) für Betriebe der ICT-Branche verankern:
- Einerseits kann der Zeitraum für Tages- und Abendarbeit ausnahmsweise auf maximal 17 Stunden erhöht werden;
- anderseits kann die Ruhezeit ausnahmsweise unterbrochen werden
wenn entweder eine internationale Zusammenarbeit oder dringliche und nicht voraussehbare Arbeiten es erfordern.
Mit diesen Ausnahmen wird insbesondere grenzüberschreitenden, internationalen Projekten sowie unvorhersehbaren Projektverschiebungen Rechnung getragen. Hingegen konnte die von der Belegschaft gewünschte selbstbestimmte Arbeitszeiteinteilung und Flexibilisierung nach eigenem, freiem Ermessen in der Verordnung leider nicht berücksichtigt werden. «Es bleibt unser politisches Ziel, den Mitarbeitenden mehr Selbstbestimmung bei der Einteilung ihrer Arbeitszeit zu gewähren. Das Arbeitsgesetz muss an die Realität der Arbeitswelt angepasst werden und die unterschiedlichen Lebensentwürfe der Einzelnen erlauben.», fordert Judith Bellaiche, Geschäftsführerin von Swico und Nationalrätin GLP.
Auch für die Branche Wirtschaftsprüfung/Treuhand/Steuerberatung wurde im Rahmen der Verhandlungen mit den Gewerkschaften ein Erfolg erzielt und ein besonderes Jahresarbeitsmodell in der Arbeitsgesetzverordnung (ArgV2) verankert. Dennoch bleibt trotz diesen punktuellen Flexibilisierungen ein Wermutstropfen, denn nicht alle angeschlossenen Branchen der allianz denkplatz schweiz – geschweige denn, alle Branchen wie von der ursprünglichen PaIv Graber vorgesehen – konnten von diesen kleinen Fortschritten profitieren. (Swico/mc/ps)