Bern – Die Swisscom hat im ersten Halbjahr ein solides Geschäftsergebnis erzielt und die Einnahmen gesteigert. Sondereffekte trieben den Reingewinn auf den höchsten Stand seit eineinhalb Jahrzehnten. Überschattet wurde das Ergebnis allerdings von den jüngsten Netzausfällen, die für rote Köpfe sorgen.
Der Netzausfall und die Störungen der Notfallnummern vom 9. Juli «haben mich und die Swisscom erschüttert. Das entspricht nicht unseren eigenen Anspruch», gestand Konzernchef Urs Schaeppi am Donnerstag in einer Medienkonferenz ein. Ein solcher Vorfall sei inakzeptabel.
Ein Software-Update auf einer Sprachtelefonieplattform für Geschäftskunden habe zu einem Dominoeffekt geführt und die Notrufsysteme gestört. Die Swisscom habe eine detaillierte Aufbereitung der Panne eingeleitet und Sofortmassnahmen bei den Netzen umgesetzt. Zudem sei ein Audit mit Experten aufgegleist worden. Und eine interne Arbeitsgruppe befasse sich mit der Störung.
Kein strukturelles Problem
Die Swisscom habe aber kein strukturelles Problem. Die Infrastruktur des grössten Telekomkonzerns sei im schnellen Wandel. Die Datenvolumina würden stark wachsen. Es sei eine riesige Herausforderung, dieses Wachstum auf den Netzen zu verarbeiten.
Die Technologien hätten zudem kurze Lebenszyklen. Es gebe deshalb viele Veränderungen im Netz. «Jede Veränderung hat das Risiko, dass etwas schief läuft», sagte Schaeppi. Die Swisscom führe über 4000 Wartungsarbeiten pro Woche aus. «Wir müssen besser werden bei den Wartungsarbeiten und noch mehr Qualitätssicherungen einbauen.» Die Störungen hätten nichts mit den Lieferanten zu tun.
Einen Rücktritt als Folge der Störungen lehnte Schaeppi im Interview mit AWP Video ab: «Mir gefällt mein Job. Meine Aufgabe ist es, die Lehren daraus zu ziehen und die Systeme weiter zu optimieren.» Das Bundeamt für Kommunikation (Bakom) habe keine Massnahmen verordnet.
Solides Halbjahresergebnis
Im ersten Semester habe die Swisscom eine sehr solide und gute Performance am Markt gezeigt. Insgesamt stieg der Umsatz um 2,6 Prozent auf 5,58 Milliarden Franken.
Der Anstieg stamme aus dem IT-Lösungsgeschäft mit Geschäftskunden und einer höheren Anzahl verkaufter Smartphones, teilte die Swisscom mit. Zudem erzielte die italienische Breitbandtochter Fastweb mehr Umsatz und Gewinn.
Höchster Reingewinn seit 2005
Das Ergebnis profitierte von einer Reihe von Sonderfaktoren. Diese trieben den Swisscom-Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisationen (EBITDA) um 4,9 Prozent auf 2,32 Milliarden Franken nach oben. Unter dem Strich machte die Swisscom einen Gewinnsprung um 42 Prozent auf 1,05 Milliarden Franken.
Das ist das beste Halbjahresergebnis seit 2005. Damals hatten gar 1,3 Milliarden Franken in der Kasse geklingelt. Letztmals mehr als eine Milliarde Halbjahrs-Reingewinn hatte die Swisscom im Jahr 2010 eingefahren.
Hauptgrund für den jetzigen Gewinnsprung ist die Aufwertung einer Beteiligung von Fastweb in Höhe von 169 Millionen Franken. Zudem brachte ein Verkauf eines Firmenanteils in Belgien einen Gewinn von 38 Millionen Franken ein. Hinzu kam ein Einmalertrag von 60 Millionen aus einer Anpassung bei der Pensionskasse. Auf der anderen Seite bildete der Konzern Rückstellungen von 22 Millionen für Rechtsverfahren.
Mit den Zahlen hat die Swisscom die Markterwartungen übertroffen. Die Investoren zeigten sich erfreut. Die Aktie kletterte am Dienstag um 1,1 Prozent in die Höhe, nachdem der Kurs zu Handelsbeginn noch deutlich stärker in die Höhe geschnellt war.
Nun steckt die Swisscom wegen der guten Lage die operativen Gewinnziele für das Gesamtjahr 2021 erneut um 100 Millionen Franken höher. Neu erwartet der Konzern einen EBITDA von 4,4 bis 4,5 Milliarden Franken. (awp/mc/ps)