Kritik an Swisscom nach erneutem Ausfall der Notfallnummern

Kritik an Swisscom nach erneutem Ausfall der Notfallnummern
Swisscom-CEO Urs Schaeppi. (Foto: Swisscom)

Bern – Ausgerechnet während der heftigen Unwetter mit zahlreichen Polizei- und Feuerwehreinsätzen sind in der Nacht auf Freitag die Notfallnummern ausgefallen. Die Störung konnte erst am Morgen behoben werden. Für den Bund sind solche Fälle «nicht akzeptabel». Und auch aus der Politik wird die Kritik an der Betreiberin Swisscom wieder lauter.

Ab Mitternacht waren die Notfall-Rufnummern in weiten Teilen der Schweiz nicht mehr erreichbar. Betroffen waren vor allem die Nummern 112 und 117, je nach Kanton auch die Nummern 118 und 144, wie die Kantonspolizeien mitteilten.

Die Notrufe würden zwar grundsätzlich über eine Notfallplattform durchgestellt, hiess es bei Swisscom am Freitag. Doch es könne sein, dass es bei der Weiterleitung Beeinträchtigungen gegeben habe. Wie der Fehler das System übersteuern konnte, müsse untersucht werden.

Acht Stunden Ausfall
Gemäss Swisscom passierte die Störung nach Wartungsarbeiten an einer Plattform in einem Rechenzentrum. Dabei sei ein «unvorhergesehenes Fehlverhalten aufgetreten. Die betroffene Netzwerkkomponente habe später isoliert werden können.

Um acht Uhr morgens kam dann die Entwarnung: «Das Netz sei wieder «vollumfänglich verfügbar». Der Ausfall der Notfallnummern hing mit einer Störung der Festnetz-Telefonie bei Geschäftskunden und Business-Nummern zusammen. Das Mobilnetz und das Festnetz der Privatkunden seien nicht betroffen gewesen.

Swisscom habe Verständnis, dass Kundinnen, Politik und Öffentlichkeit «verärgert und verunsichert» seien, hiess es weiter. Das Unternehmen werde den Vorfall im Detail analysieren und stehe dazu auch im Dialog mit Politik und Behörden.

Kritik der Politik und Kantone
Doch das reicht Kantonen und Politikern offenbar nicht. «Wir werden mit Sicherheit den denkbar grössten Druck auf die Swisscom ausüben», sagte Fredy Fässler, Präsident der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD), gegenüber SRF. Die Politik sei nun gefordert und müsse «bekannt geben, dass das nicht geht».

Auch der Präsident der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerats (KVF-S), Stefan Engler (Mitte/GR), reagierte verärgert: Wenn er der Swisscom eine Note geben müsste, wäre das ein «Ungenügend», sagte er im Radio.

Die Bevölkerung erwarte zurecht, dass die Blaulichtorganisationen in einem Notfall jederzeit erreichbar seien. Wenn sich eine Störung eines solch sensiblen Bereichs innerhalb weniger Monate wiederhole, müsse das Management aufmerksam beobachtet werden, sagte Engler.

Politische Vorstösse
Bereits nach einer Reihe von ähnlichen Störungen Anfang letzten Jahres war die Swisscom in die Kritik geraten. Ausfälle bei den Notrufdiensten seien «sehr schwerwiegende Pannen und für den Bund «nicht akzeptabel», schrieb das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) in einer Stellungnahme am Freitag.

Aber Fernmeldenetze seien hochkomplexe Systeme und Fehler könnten passieren. Nach der Pannenserie im vergangenen Jahr habe die Swisscom deshalb Sofortmassnahmen umgesetzt. Dank derer seien die Folgen der neuesten Störung reduziert worden. So seien Notrufe direkt auf alternative Mobilfunknummern umgeleitet worden und die Notrufzentrale somit wieder erreichbar gewesen.

Ausserdem habe das Bakom die Störungen im vergangenen Jahr untersucht und der Fernmeldekommission Bericht erstattet. In der Folge beauftragte die KVF-S den Bundesrat, eine gesetzliche Grundlage auszuarbeiten, damit eine Stelle geschaffen wird, die die technische Gesamtverantwortung für alle Notrufe übernimmt – eine sogenannte Systemführerschaft. (awp/mc/pg)

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