Bern – Die Swisscom treibt ihre Expansion in Italien mit hohem Tempo voran: Kaum zwei Wochen nach Bestätigung von Übernahmeverhandlungen mit Vodafone Italia, hat der Schweizer Telekomkonzern den Kaufvertrag unterschrieben. Der Bundesrat sagt «sì» zum Milliardendeal, doch Politiker wettern weiter dagegen.
Insgesamt will die Swisscom für Vodafone Italien 8 Milliarden Euro auf den Tisch legen, wie der Schweizer Branchenprimus am Freitag bekannt gab. Der Kauf werde vollständig mit Schulden finanziert.
Vodafone Italien soll mit der Mailänder Swisscom-Tochter Fastweb zusammengelegt werden. Dadurch entsteht der zweitgrösste Telekomanbieter Italiens hinter dem Platzhirsch TIM mit einem kombinierten Umsatz von 7,3 Milliarden Euro und einem kombinierten Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisationen (EBITDA) nach Leasing von 2,4 Milliarden Euro.
Gute Ergänzung
Vodafone Italien und Fastweb ergänzen sich gut: Während Fastweb ein Breitbandnetz hat, steuert Vodafone Italien ein Mobilfunknetz bei. Damit können die beiden Unternehmen ihre jeweiligen Schwächen auf dem italienischen Telekommarkt beheben und Kosten sparen. Denn bisher musste Fastweb für seine Mobilfunkkunden Kapazitäten bei anderen Mobilfunkanbietern dazumieten. Gemeinsam erreichen Fastweb und Vodafone in Italien einen Marktanteil von 31 Prozent im Festnetz und 26 Prozent im Mobilfunk.
Neu werden die Handykunden von Fastweb mit dem Vodafone-Mobilfunknetz in Italien telefonieren. Umgekehrt werden die Vodafone-Kunden auf dem Breitbandnetz von Fastweb surfen. Damit kann das gemeinsame Unternehmen den Kunden Bündelangebote aus Festnetz und Mobilfunk anbieten.
Mit dem Zusammenschluss von Fastweb und Vodafone Italien würden Synergien von jährlich 600 Millionen Euro ab dem Jahr 2029 erwartet, erklärte Konzernchef Christoph Aeschlimann in Telefonkonferenzen. Auf der anderen Seite fallen einmalige Kosten von rund 700 Millionen Euro für die Integration an.
Mehr Dividende
Die Übernahme führe zu einem deutlichen Wertzuwachs. Dies wird die Swisscom-Aktionäre freuen und damit vor allem die Bundeskasse, denn der Bund ist mit knapp 51 Prozent Mehrheitsbesitzer: Der Schweizer Telekomkonzern will die Dividende von bisher 22 Franken auf 26 Franken ab dem Jahre 2026 erhöhen. Man peile eine weitere Steigerung der Dividende in den folgenden Jahren an. Wie gross diese Erhöhung ausfallen könnte, wollte Aeschlimann nicht sagen.
Damit wird die Swisscom also von einem mehrheitlich schweizerischen zu einem schweizerisch-italienischen Konzern. Nachdem bisher das Schweizer Geschäft mit 8,1 Milliarden zuletzt fast drei Viertel des gesamten Konzernumsatzes ausmachte, ist es neu nur noch etwas mehr als die Hälfte.
Dennoch habe die Elefantenübernahme keine Auswirkungen auf den Heimmarkt, sagte Konzernchef Aeschlimann: «Der Fokus auf die Schweiz ist ungebrochen hoch. Daran ändert die Transaktion nichts.» Die Netzausbauziele wie eine Glasfaserabdeckung von 75 bis 80 Prozent bis 2030 bleiben unverändert. «Wir erwarten auch keine Auswirkungen auf die Mitarbeitenden in der Schweiz.»
Der Deal soll voraussichtlich im ersten Quartal 2025 abgeschlossen werden, wenn die Regulatoren zustimmen. Eine Zustimmung der Swisscom-Aktionäre ist dagegen nicht erforderlich.
Zustimmung vom Bund
Trotz Kritik von Politikern am Deal habe der Verwaltungsrat die Transaktion einstimmig genehmigt, hiess es. Damit hat auch der Vertreter des Bundes grünes Licht für den Milliardenkauf gegeben. Die Übernahme stehe den strategischen Zielen des Bundesrates für die Swisscom nicht entgegen, schrieb die Regierung.
Die bisherigen Auflagen gelten ausserdem weiter: Der Bundesrats erwartet, dass das italienische und das schweizerische Geschäft organisatorisch und strukturell getrennt bleiben. Und die Swisscom darf im Ausland weiterhin keine Grundversorgungsaufträge übernehmen.
«Der Verwaltungsrat von Swisscom hat die Chancen und Risiken dieser Transaktion gründlich und umfassend geprüft und ist überzeugt, dass die Chancen für alle Beteiligten die Risiken einer Transaktion dieser Grössenordnung bei weitem überwiegen», erklärte Verwaltungsratspräsident Michael Rechsteiner.
SVP: «Verantwortungslos»
Heftige Kritik kam erneut von der SVP: Die Eignerstrategie des Bundes müsse «zwingend ein Verbot von Auslandsabenteuern vorsehen», schrieb die Partei in einer Mitteilung: Firmen mit faktischer Staatsgarantie dürften das Geld der Steuerzahler nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.
Offensichtlich habe die Swisscom nichts gelernt aus der Vergangenheit, als sie in Deutschland, Ungarn und Malaysia «Milliarden verlocht» habe. Sich erneut im Ausland zu engagieren sei deshalb «im höchsten Mass verantwortungslos», schrieb die SVP.
Der Bundesrat will aber im Laufe des Jahres noch die Eigentümerstrategie überprüfen. Diese umfasse auch eine Privatisierung oder Teilprivatisierung des Unternehmens, schrieb die Regierung. Die Gewerkschaft Syndicom lehnte eine Privatisierung bereits ab.
Die Aktionäre spendeten dagegen Applaus: Die Swisscom-Aktie legte bis zum frühen Nachmittag um 4,6 Prozent zu. (awp/mc/ps)