Genf – Bei Temenos ist es zum abrupten Abgang des Konzernchefs gekommen. Damit wurden Forderungen von aktivistischen Investoren erhört, nachdem sich der Börsenwert des Bankensoftwareherstellers im vergangen Jahr mehr als halbiert hatte. Derweil verkündete die Gesellschaft am Morgen einen etwas geringeren EBIT-Einbruch 2022 als zuletzt noch in Aussicht gestellt.
CEO Max Chuard habe sich entschieden, das Unternehmen nach 20 Jahren zu verlassen, teilte Temenos am Montag mit. Er war vor seiner Ernennung zum CEO (2019) bereits Finanzchef und Chief Operations Officer.
Für ihn sei es eine Priorität gewesen, als CEO ein starkes Top-Management aufzubauen, liess sich Chuard in der Mitteilung zitieren. Einen Nachfolger gibt es allerdings noch nicht. Die Analysten von Bryan Garnier bezweifeln, dass ein solcher intern rekrutiert werden kann.
Neuer Präsident im Juni
Die Suche sei eingeleitet, und bis spätestens Ende 2023 soll der Posten neu besetzt werden, hiess es von Temenos. Interimistisch übernimmt bis dann Verwaltungsratspräsident Andreas Andreades die CEO-Aufgaben.
Aber auch dessen Abgang steht bevor: Andreades werde an der nächsten Generalversammlung, die für Anfang Juni geplant ist – nach 24 Jahren bei Temenos – aus dem Verwaltungsrat ausscheiden. Sein Vize Thibault de Tersant soll dann zum neuen VRP gewählt werden.
Es sei an der Zeit, mit der nächsten Führungsgeneration die Weichen für die Zukunft zu stellen, liess sich Andreades zitieren. 2023 stehe «viel harte Arbeit vor uns», um die Strategie umzusetzen und nachhaltiges Wachstum zu erzielen.
Investor fordert mehr Tempo
Temenos-Grossaktionär Martin Ebner, der eigenen Angaben zufolge 12,3 Prozent am Konzern hält, begrüsste den «seit langem überfälligen» Schritt, wie es in einer Mitteilung seiner Beteiligungsgesellschaft Patinex hiess. Die Nomination von Thibault de Tersant als neuer Präsident wird explizit begrüsst.
Auch der aktivistische Aktionär Petrus Advisers hatte bereits seit einiger Zeit den Rücktritt von CEO und Präsident sowie eine umfassende strategische Überprüfung gefordert. Ihm kann es allerdings nicht schnell genug gehen: Die Generalversammlung solle vorgezogen werden und bereits im April stattfinden. Ausserdem solle der für den 21. Februar geplante Investorentag verschoben werden, damit dieser unter der neuen Führung stattfinden kann.
Wie hoch die aktuelle Beteiligung von Petrus Advisers an Temenos ist, legt der Aktionär nicht offen. Sie müsste aber unter der meldepflichtigen Grenze von 3 Prozent liegen.
Strategie-Update im Februar
Die vorab bekanntgegebenen Ergebnisse für das vierte Quartal seien derweil ein ermutigendes Zeichen dafür, dass Temenos keinen negativen strukturellen Problemen ausgesetzt sei, so Petrus weiter.
Im Gesamtjahr 2022 gingen die Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 2 Prozent auf 949,6 Millionen Dollar zurück, wie es in einem separaten Mitteilung von Temenos hiess. Der bereinigte Betriebsgewinn EBIT sank um 24 Prozent auf 272,3 Millionen. Mitte Oktober hatte Temenos bereits einen EBIT-Rückgang um 25 Prozent in Aussicht gestellt, nachdem das Unternehmen zuvor noch mit einem Plus von 9 bis 11 Prozent gerechnet hatte.
Das Reinergebnis sowie eine Prognose für 2023 will Temenos am 20. Februar kommunizieren. Die hohe Inflation habe sich erheblich auf die Kosten ausgewirkt, kommentierte Temenos das vierte Quartal.
An der Börse legte die Aktie von Temenos am Montag deutlich zu. Zum Börsenschluss legte das Papier um 8,9 Prozent auf 62 Franken zu. 2022 hatte die Aktie fast 60 Prozent eingebüsst. (awp/mc/pg)