Genf – Das Bankensoftwarehaus Temenos hat nach den jüngst veröffentlichten Quartalszahlen erneut einen Rüffel von Petrus Advisers kassiert. Der aktivistische Investor wirft Temenos vor, negative Neuigkeiten zurückgehalten zu haben und will nun prüfen, ob dem Management das Vertrauen entzogen werden soll.
Petrus Advisers hatte das Unternehmen vor einer Woche erstmals in die Zange genommen und eine Überprüfung «aller Optionen» inklusive eines möglichen Verkaufs gefordert. Zudem forderte der der Investor eine «Rückkehr zu realistischeren Zielen und eine verbesserte Kapitalmarktkommunikation».
Nachdem Temenos am Vorabend seine Guidance nach enttäuschenden Quartalszahlen senken musste, sieht sich die Investorengruppe nun offenbar in ihrer Kritik am Management bestätigt: «Die Rücknahme der Prognosen von Temenos für 2022 hat unsere Bedenken hinsichtlich der zu ehrgeizigen Ziele und der undurchsichtigen Kommunikation der Unternehmensführung bestätigt», heisst es in einer Mitteilung vom Freitag.
Temenos hatte am Vorabend einen um 8 Prozent tieferen Umsatz und eine Halbierung des Gewinns im dritten Quartal bekanntgegeben. Als Konsequenz senkte das Unternehmen seine Aussichten für das Gesamtjahr. Demnach soll der EBIT 2022 um einen Viertel zurückgehen, nachdem bislang noch ein Gewinnplus in Aussicht gestellt worden war. An der Börse reagierten die Investoren am Freitag panisch.
Die eigene Kritik scheine eine «Katharsis» und die Bewältigung einer vorübergehenden Unterperformance ausgelöst zu haben, meinte derweil Petrus Advisers. «Das beträchtliche Ausmass dieser Revision der kurzfristigen Ziele lässt uns vermuten, dass das Management schlechte Nachrichten schon seit einiger Zeit zurückgehalten hat», so der Vorwurf des Investors.
«Werden Beteiligung an günstigen Tagen erhöhen»
Petrus Advisers glaube jedoch weiterhin an das Potenzial von Temenos, «sein starkes Produktangebot, seine attraktiven Endmarktpositionen und sein stabiles Ertragsmodell in ein hochprofitables Wachstum zu verwandeln». Jedoch seien für den Wandel des Unternehmens starke Fähigkeiten erforderlich – und das schliesse realistische Zielvorgaben und eine tiefe Personalfluktuation ein.
Petrus Advisers wolle die Anteile am Unternehmen «an günstigen Tagen» erhöhen, «um die Katharsis von Temenos zu beschleunigen». Wie hoch die aktuelle Beteiligung von Petrus Advisers an Temenos ist, ist nicht bekannt. Klar ist, dass sie unter der meldepflichtigen Grenze von 3 Prozent liegen muss. Auf Nachfrage der Nachrichtenagentur AWP hatte sich Petrus-Partner Till Hufnagel vor einer Woche nicht zur Höhe der Beteiligung geäussert, gab jedoch an, seit einem halben Jahr am Unternehmen beteiligt zu sein.
Für das aktuelle Management dürfte es nun unangenehm werden. Petrus Advisers werde sich mit dem Grossaktionär Martin Ebner und weiteren Aktionären in Verbindung setzen und erörtern, ob man «mit dem derzeitigen Führungsteam und der derzeitigen Struktur weitermachen» könne, heisst es.
Es sei bekannt, dass Ebner – der Financier und ehemalige Bankier ist unter anderem auch Besitzer der Fluggesellschaft Helvetic und hält Beteiligungen an zahlreichen Unternehmen – «über die Entwicklung des Temenos-Aktienkurses entsetzt» sei. (awp/mc/ps)