Heikle Lücke in den Methoden zur Bewertung von Klimarisiken
Zürich – Forschende der Universitäten Zürich, Wien und Utrecht haben erhebliche Mängel in den derzeitigen Verfahren zur Bewertung von Klimarisiken aufgedeckt. Dies könnte dazu führen, dass klimabedingte finanzielle Verluste für Unternehmen und Investoren stark unterschätzt werden.
Eine Studie von Stefano Battiston vom Department of Finance der Universität Zürich und seinen Ko-Autorinnen und -Autoren haben kritische Mängel bei der derzeitigen Bewertung von klimabedingten Risiken für Unternehmensvermögen gefunden. Denn viele Schätzungen der potentiellen Auswirkungen des aktuellen oder zukünftigen Klimazustandes auf die Unternehmen stützen sich auf vereinfachte Daten und indirekte Prognosen, sogenannte Proxy-Daten, die die tatsächlichen Risikoexposition eines Unternehmens nicht genau wiedergeben. Das kann dazu führen, dass klimabedingte Verluste erheblich unterschätzt werden – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Planung von Unternehmensinvestitionen, die Bewertung von Vermögenswerten und die Bemühungen zur Klimaanpassung.
Potenzielle Verluste bis zu 70 Prozent höher als bisher geschätzt
Das Forschungsteam hat eine neue Methode entwickelt, die detaillierte Informationen über den Standort und die Merkmale der physischen Vermögenswerte eines Unternehmens – etwa Fabriken, Anlagen und natürliche Ressourcen – verwendet. Dieser Ansatz vermittelt ein genaueres Bild der Klimarisiken als herkömmliche Methoden, die Proxy-Daten verwenden. Denn letztere gehen häufig davon aus, dass sich alle Vermögenswerte am Hauptsitz des Unternehmens befinden.
«Als wir unsere Ergebnisse mit denen von Proxy-Daten verglichen, stellten wir fest, dass die potenziellen Verluste durch Klimarisiken bis zu 70 Prozent höher sein könnten als bisher angenommen», sagt Stefano Battiston. «Dies unterstreicht den dringenden Bedarf an detaillierteren Daten für die Risikobewertung.»
Auf das Schlimmste vorbereitet sein: Die Rolle von Extremereignissen
Die Autoren weisen auch darauf hin, wie wichtig es sei, bei Klimabewertungen das so genannte «Tail Risk» zu berücksichtigen. Dieses bezieht sich auf Extremereignisse, die zwar selten sind, aber katastrophale Auswirkungen haben können. «Viele Bewertungen konzentrieren sich auf die durchschnittlichen Auswirkungen. Unsere Forschung zeigt, dass die potenziellen Verluste durch Extremereignisse bis zu 98 Prozent höher sein können als die Durchschnittswerte vermuten lassen», sagt Stefano Battiston. «Wenn die Möglichkeit von Extremereignissen nicht berücksichtigt werden, kann dies Unternehmen und Investoren gefährlich unvorbereitet treffen.»
Mehr Mittel für die Klimaanpassung
Die Forschenden betonen, dass genauere Risikobewertungen für wirksamere Klimaanpassungsstrategien und massgeschneiderte Absicherungen und Finanzierungen von Klimaereignissen entscheidend sind. «Unsere Arbeit zeigt, dass wir die für Klimaanpassung benötigten finanziellen Mittel möglicherweise ernsthaft unterschätzen», so Stefano Battiston abschliessend. (UZH/mc/pg)