London – Der britische Abschied aus der Europäischen Union hat den Londoner Aktienmarkt am Freitag deutlich belastet. Allerdings fielen die Kursverluste geringer aus als an den kontinentaleuropäischen Börsen und in Japan. Selbst der angekündigte Abschied von Premierminister David Cameron, der offiziell gegen einen Brexit eingetreten war und ursprünglich unabhängig vom Ausgang des Referendums im Amt bleiben wollte, änderte daran nichts.
Nach anfangs heftigeren Verlusten büsste der FTSE-100-Index um die Mittagszeit noch 4,70 Prozent auf 6040,41 Punkte ein – das war deutlich weniger als der Dax und der EuroStoxx 50, für die es um gut 7 beziehungsweise fast 9 Prozent bergab ging.
Als möglichen Grund für die relative Stärke des britischen Leitindex nannte ein Börsianer den Absturz des britischen Pfund: Davon profitiere Grossbritannien als eines der grössten Exportländer weltweit. Die Landeswährung sauste nach unten und erreichte gegenüber dem US-Dollar zwischenzeitlich den tiefsten Stand seit 1985. Auch der Euro gab deutlich nach. Dagegen sprangen die Notierungen für Gold und Anleihen sowie der ebenfalls als «sicherer Hafen» geltende japanische Yen nach oben.
Zudem halfen dem Londoner Börsenbarometer die Kurssprünge bei dem auf das Goldschürfen in Afrika spezialisierten Bergbauunternehmen Randgold Resources und beim ebenfalls auf Edelmetalle spezialisierten Konkurrenten Fresnillo: Deren Aktien gewannen 20 beziehungsweise 13 Prozent.
Dagegen gerieten die britischen Bankenwerte ebenso wie die Titel der europäischen Konkurrenz unter die Räder: Lloyds Banking Group stürzten um fast 22 Prozent ab und Barclays verloren annähernd 20 Prozent; Royal Bank of Scotland (RBS) verbilligten sich um 18 Prozent.
Die Anteilsscheine der London Stock Exchange (LSE) brachen um rund 10 Prozent ein. Zwar wollen der britische Börsenbetreiber und die Deutsche Börse trotz des Brexit an ihren Fusionsplänen festhalten. Da allerdings der rechtliche Sitz des Gemeinschaftsunternehmens London sein soll, wird das Vorhaben am Finanzmarkt zunehmend kritischer gesehen.
Die IAG-Titel stürzten um 20 Prozent ab. Die Entscheidung der Briten zum Austritt aus der Europäischen Union durchkreuzt die Gewinnpläne der Fluggesellschaft British Airways und ihres Mutterkonzerns IAG . Schon in den Wochen vor dem Referendum habe sich der Ticketverkauf schwächer entwickelt als erwartet, teilte die International Airlines Group (IAG) mit. (awp/mc/ps)