Aktienfokus: Bankenwerte europaweit meist schwach

Aktienfokus: Bankenwerte europaweit meist schwach

Frankfurt am Main – Die Aktien europäischer Banken haben sich am Donnerstag nach negativen Aussagen zweier Ratingagenturen sowie mehreren kritischen Analystenkommentaren grösstenteils sehr schwach entwickelt. Damit hinkten die meisten Werte sogar dem ohnehin deutlich nachgebenden Gesamtmarkt hinterher. Am deutlichsten nach unten ging es für die Titel der französischen Branchenvertreter, vergleichsweise robust zeigten sich die Papiere italienischer Konzerne, obwohl gerade hier einige Werte abgestuft worden waren.

Am Vorabend hatte die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) die Kreditwürdigkeit für sieben italienische Banken gesenkt und damit gedroht, dass dies auch bei acht weiteren noch geschehen könnte. Zu den abgestuften Banken zählen Grössen wie Mediobanca und Intesa SanPaolo. Bei der Unicredit und einigen Tochterfirmen steht der Ausblick jetzt auf «negativ». Moody’s senkte derweil das Rating einiger US-Banken, darunter die Bank of America und hält darüber hinaus mittlerweile Bankenpleiten für wahrscheinlicher. Die Ratingagentur zweifelt daran, dass die Regierung bei einer neuerlichen Schieflage wie zu Zeiten der Finanzkrise 2008 rettend eingreifen würde. Das hiesse: Sollte eine Bank in existenzielle Not geraten, würde sie schlimmstenfalls untergehen.

Deutsche Bank unter schwächsten DAX-Werten
Der Stoxx 600 Banks war mit einem Minus von 3,67 Prozent einer der schwächeren Branchenindizes. Im Dax zählten die Titel der Deutschen Bank am späten Vormittag entsprechend mit minus 3,97 Prozent auf 22,950 Euro zu den schwächsten Dax-Werten. Ähnlich sah es bei den Papieren der Commerzbank mit einem Abschlag von 3,89 Prozent auf 1,605 Euro aus. Für den Dax ging es zeitgleich um 3,39 Prozent auf 5.249,80 Punkte nach unten.

Drei US-Grossbanken abgestuft
Analyst Konrad Becker von der Münchener Privatbank Merck Finck sagte: «Die deutschen Bankenwerte leiden vor allem unter der Abstufung der drei US-Grossbanken durch die Agentur Moody’s.» Die Nachricht an sich wäre schon schlimm genug. Noch mehr Besorgnis errege aber die Begründung, dass die Agentur an einer neuerlichen Rettung der Banken wie zu Zeiten der Finanzkrise 2008 zweifelt. «Das wäre ein schwerer Schlag, da die Institute landesweit tätig sind.» Bisher seien die Marktteilnehmer davon ausgegangen, dass systemrelevante Banken auch weiterhin notfalls von der Regierung aufgefangen werden. Nun aber hätten die Anleger die Aussagen von Moody’s sofort auf die europäischen Banken übertragen. Jetzt befürchteten die Investoren, dass eventuell auch diese im schlimmsten Fall nicht gerettet würden.

Socgen minus 7 Prozent

In Paris sackten die Papiere der Societe Generale (SocGen) am Ende des Leitindex EuroStoxx 50 um 7,06 Prozent auf 15,730 Euro ab. Credit Agricole verloren mehr als fünf Prozent, BNP Paribas schlugen sich mit einem Abschlag von knapp vier Prozent zumindest etwas besser. Die französischen Banken zählen zu den am stärksten engagierten Instituten im von der Schuldenkrise geplagten Griechenland und besitzen auch Töchter in Italien. Zudem berichtete die französische Zeitung «Les Echos» ohne Nennung von Quellen, dass die SocGen den Verkauf von Tochterunternehmen plane, um damit 4 Milliarden Euro einzunehmen.

BNP hofft auf frisches Geld
Bei den BNP-Aktien könnte indes ein Pressebericht die Verluste einigermassen in Grenzen gehalten haben. Demnach hofft die vom Absturz der Börsen stark betroffene Grossbank auf frisches Geld aus den reichen Staaten am Persischen Golf. Hochrangige Manager hätten in der vergangenen Woche mit Staatsfonds in Katar und Abu Dhabi über eine Kapitalspritze von bis zu zwei Milliarden Euro gesprochen, schrieb die «Financial Times» unter Berufung auf das Umfeld der Bank.

BNP hält von allen französischen Banken die meisten Staatsanleihen Athens, SocGen und Credit Agricole haben sogar Tochterbanken in Griechenland. Analysten äusserten sich vor diesem Hintergrund unterschiedlich zu den Aussichten der Finanzinstitute. Die anhaltenden Marktspekulationen über die Kapitalsituation französischer Banken dürften zu einschneidenden Änderungen führen, schrieb etwa Analyst Jeremy Sigee von britische Investmentbank Barclays. So könnten die Kreditinstitute zwar kleiner und sicherer werden, mit allerdings negativen Folgen für Profitabilität und Kapitalrenditen.

Macquarie steht europäischem Sektor mit Vorsicht gegenüber

Die Fachleute der australischen Investmentbank Macquarie betonten ihrerseits in einer Studie, dass sie dem gesamten europäischen Bankensektor derzeit mit Vorsicht gegenüber stehen – trotz aktuell verlockender Bewertungen. Die Liquiditätskrise werde die Führungsetagen der Banken dazu bewegen, die Bilanzen neu zu strukturieren, was wiederum Unternehmenswerte in bedeutendem Ausmass vernichten werde. Die Macquarie-Experten ziehen die Titel britischer Banken denen aus der Eurozone vor, da der britische Interbankenmarkt derzeit weniger Zeichen von Stress aufweise. Entsprechend betrug das Kursminus etwa bei Royal Bank of Scotland in London lediglich 1,80 Prozent.

Analyst Patrick Leclerc von der US-Investmentbank Merrill Lynch hingegen meinte, dass das relativ hohe Engagement in Staatsanleihen hochverschuldeter Eurozone-Staaten die französischen Banken im laufenden Jahr einiges kosten, sie aber nicht direkt bedrohen dürfte. Die Auswirkungen auf die Bonität der Kreditinstitute sollten beherrschbar sein.

Italienische Bankenwerte vergleichsweise robust
Negativ wiederum äusserte sich Barclays in einer weiteren Studie auch zu den US-Banken Goldman Sachs und Morgan Stanley . Je näher das Ende des dritten Quartals rücke, desto schwerer seien positive Aussagen zum aktuellen Geschäftsverlauf der Brokerhäuser zu finden, schrieb der Experte Roger Freeman. Er habe in seinen sehr stark reduzierten Quartalsschätzungen die schwache Verfassung der Finanzmärkte berücksichtigt. Immerhin aber seien Goldman und Morgan Stanley in einer weitaus besseren Position, als es ihre derzeitige Bewertung signalisiere.

Die Titel der von S&P abgestuften Banken Intesa SanPaolo und Mediobanca gaben vor diesem Hintergrund nur um unterdurchschnittliche 1,96 respektive 1,36 Prozent nach. Auch Unicredit verloren nur 1,87 Prozent. Ein Analyst sagte: Nachdem die Rating-Agentur Standard & Poor’s die Kreditwürdigkeit Italiens bereits am Dienstag um eine Note von «A+» auf «A» herabgestuft hatte, hätten die Marktteilnehmer bereits damit gerechnet, dass nun früher oder später auch die Bonität der Banken des Landes gesenkt wird. Insofern habe die Abstufung der Banken durch die Agentur kaum noch überrascht. (awp/mc/ps)

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