Hörgeräteproduktion bei Sonova.
Zürich – Die Aktien des Hörgeräteherstellers Sonova stehen am Mittwoch nach Rücktritten des CEO, CFO und des Verwaltungsratspräsidenten massiv unter Druck. Damit zieht die Führungsspitze die Konsequenz aus Aktienverkäufen in Höhe von mehr als 47 Mio CHF, die vor Bekanntgabe eine Gewinnwarnung erfolgt sind.
Nun kam eine interne Untersuchung zu dem Schluss, dass die Gewinnwarnung zu spät veröffentlicht wurde. Zudem wurde versäumt, innerhalb des Unternehmens rechtzeitig ein Handelsverbot für Börsentransaktionen mit eigenen Aktien und Optionen zu erlassen.
Analysten uneins
Gegen 11.10 Uhr sacken die Titel um 7,9% auf 85,90 CHF ab. Das Handelsvolumen liegt mit fast 1,2 Mio Stücken bereits um ein vielfaches über dem durchschnittlichen Tagesvolumen. Seit Bekanntgabe der Gewinnwarnung haben die Titel bisher rund 25% an Wert verloren. Der Gesamtmarkt gemessen am SPI steht mit 0,6% im Plus. Analysten sind in der Bewertung die Rücktritte hin- und hergerissen. Einerseits sei dieser Schritt notwendig, um die Reputation des Unternehmens wieder herzustellen. Andererseits sorgen sich die Experten um die weitere Unternehmensentwicklung ohne das bisherige Management.
Radikaler Schnitt
«Für das operative Fortkommen ist dieser Wechsel sicherlich nicht gut, da gerade die drei zentralen Schlüsselpersonen gehen», heisst es von ZKB-Expertin Sibylle Bischofberger. Den bisherigen CEO Valentin Chapero zu ersetzen, werde ein Problem darstellen. Es wäre gut, wenn die drei Führungskräfte zur Unterstützung weiter zur Verfügung stünden. Der Managementwechsel sei zwar nicht ganz überraschend, aber radikal. Für das Wiedergewinnen des Vertrauens der Investoren dürfte er allerdings positiv sein, so Bischofberger.
«Klarer Vertrauensverlust»
Der Vorfall um die Gewinnwarnung ist aus Sicht der Privatbank Wegelin ein klarer Vertrauensverlust in den Börsenliebling. Immerhin kämen die Rücktritte nun rechtzeitig. Diese dürften aus Investorensicht unerlässlich sein, obwohl mit den Rücktritten Führungspersönlichkeiten das Unternehmen verliessen, die über viele Jahre wesentlich zum Erfolg des Hörgeräteherstellers beigetragen hätten. «Diese Unsicherheit könnte für einen neuen Kurs-Tinitus sorgen», so die Experten. Denn die schwierigen Zeiten seien noch nicht vorbei.
Glaubwürdigkeit wiederherstellen
Die Bank Vontobel hingegen hält die Veränderungen für einen wichtigen Schritt, damit das Unternehmen seine Glaubwürdigkeit wiederherstellen könne. Ähnlich bewertet die Credit Suisse die Rücktritte. «Unter diesen Umständen sind die angekündigten Wechsel logisch und wir hoffen, dass damit das Vertrauen der Anleger zurückkommt», so Analyst Christoph Gretler. Die Entscheidung sei zudem schnell erfolgt, was ebenfalls willkommen sei. Zudem habe das neue Management grosse Erfahrung im Hörgerätegeschäft und sei aus seiner Sicht somit kompetent. Andererseits gebe es Risiken, dass die Ziele für 2012 vom neuen Management nun etwas vorsichtiger formuliert werden als bislang am Markt erwartet.
«Schlechter Zeitpunkt, um Know-How abzuziehen»
Auch Kepler-Experte Florian Gaiser merkt an, dass Sonova seine Probleme angehe. Allerdings komme der Führungswechsel gerade dann, wenn ein wichtiger Produkte-Start unterwegs sei und zwei übernommene Geschäfte zu kämpfen hätten. Dies sei somit ein sehr schlechter Zeitpunkt, um Know-How aus dem Unternehmen abzuziehen. Die ZKB bewertet die Titel derzeit mit «Marktgewichten», Vontobel und Kepler mit «Hold», die Credit Suisse mit «Neutral». (awp/mc/ss/upd/ps)