Anleger atmen nach Rede von Kataloniens Regierungschef auf

Kataloniens Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont.

Madrid / Frankfurt – Anleger an den Finanzmärkten haben am Mittwoch erleichtert auf die Rede des katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont vom Vorabend reagiert. An der Aktienbörse in Madrid stiegen die Kurse kräftig. Auch spanische Staatspapiere legten deutlich zu. Der Euro wurde zwischenzeitlich gestärkt. Eine Erklärung des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy am Mittag führte in diesem Umfeld zu keinen neuen Impulsen an den Finanzmärkten.

Puigdemont hatte zwar die Unabhängigkeit Kataloniens ausgerufen, diese aber im gleichen Zuge ausgesetzt. Damit solle Zeit für einen Dialog mit Madrid gewonnen werden. Rajoy reagierte am Mittwoch mit der Aufforderung, Puigdemont solle erklären, ob er mit seinen Aussagen nun tatsächlich die einseitige Unabhängigkeit ausgerufen habe oder nicht.

Rajoy ruft zur Respektierung der verfassungsmässigen Ordnung auf
Rajoy forderte zudem die Regionalregierung Kataloniens auf, die verfassungsmässige Ordnung zu respektieren. Diese Mahnung gilt als Vorstufe für die Anwendung des Artikels 155 der spanischen Verfassung, wonach die Zentralregierung eine Regionalregierung entmachten kann, wenn diese die Verfassung missachtet.

Unter Finanzanalysten galt die Rede Puigdemonts als Entspannungssignal. «Das ist keine ‹echte› Unabhängigkeitserklärung, weil sie keine sofortigen Auswirkungen hat», kommentierten Experten der Bank Unicredit. Da das katalanische Parlament nicht darüber abgestimmt habe, sei sie zudem nicht rechtlich bindend.

Entsprechend erleichtert fielen über den Tag hinweg die Reaktionen an den Finanzmärkten aus: Am spanischen Aktienmarkt zog der wichtige Leitindex Ibex-35 bis zuletzt um 1,56 Prozent an. Am Dienstag vor der Erklärung Puigdemonts hatte der Index noch knapp ein Prozent an Wert verloren.

Die Kurse spanischer Staatspapiere legten zu. Im Gegenzug fiel die Rendite der richtungweisenden zehnjährigen Anleihen zwischenzeitlich um bis zu 0,05 Prozentpunkte. Zuletzt gab es eine Gegenbewegung. Der Euro wurde gestützt und erreichte bei 1,1845 Dollar den höchsten Stand seit gut zwei Wochen. Im Anschluss gab die Gemeinschaftswährung aber die Tagesgewinne wieder weitgehend ab.

Problem nicht aus der Welt
Ungeachtet der Entspannung aufgrund einer ausgebliebenen weiteren Eskalation, ist das Problem aber nicht aus der Welt. Es zeichne sich eine Hängepartie ab, schreibt Ralph Solveen, Experte bei der Commerzbank. Die spanische Regierung werde zu Verhandlungen nicht bereit sein. «Angesichts der offensichtlichen Meinungsunterschiede innerhalb der katalanischen Regierungskoalition könnte es am Ende auf Neuwahlen in Katalonien hinauslaufen.» (awp/mc/ps)

 

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