Frankfurt / London / Tokio – Die Finanzmärkte haben am Freitag vergleichsweise gelassen auf das Wahl-Desaster der regierenden Konservativen in Grossbritannien reagiert. Obwohl dem Königreich eine Hängepartie bei der Regierungsbildung droht, überwiege bei Anlegern die Hoffnung auf einen weniger harten Brexit, hiess es von Marktbeobachtern. Leidtragender der jüngsten politischen Entwicklung ist das britische Pfund. An den europäischen Aktienmärkten gab es hingegen Kursgewinne.
Während es nach dem Brexit-Referendum der Briten im vergangenen Juni und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten noch zu – wenn auch nur kurzzeitig – heftigen Marktreaktionen gekommen war, herrschte nach der britischen Parlamentswahl an den Finanzmärkten überwiegend Gelassenheit. «Es ist möglich, dass das Wahlergebnis zu einem sanfteren Brexit führen wird», erklärte Bill Street vom US-Finanzdienstleister State Street die Reaktion.
Pfund auf Talfahrt
Die politische Unsicherheit in Grossbritannien hinterliess allerdings deutliche Spuren beim Kurs des britischen Pfund, das nach dem Wahlausgang zu allen führenden Währungen kräftig unter Druck geriet. Von einem Einbruch in der vergangenen Nacht konnte sich das Pfund im Vormittagshandel kaum erholen. Am Morgen hat der Kurs der britischen Währung bei 1,2686 US-Dollar den tiefsten Stand seit Mitte April erreicht, zuletzt lag er bei 1,2730 Dollar. Seit der Veröffentlichung der ersten Hochrechnungen hat das Pfund fast zwei Prozent an Wert eingebüsst.
Eine kräftige Abwertung zeigte sich auch im Handel mit dem Euro . Hier erreichte der Kurs der britischen Währung am Morgen bei 1,1287 Euro den tiefsten Stand seit November.
Anleihen nur zweitweise unter Druck – Aktien steigen
Dagegen zeigte die politische Unsicherheit nur zeitweise Wirkung bei britischen Staatsanleihen. Hier gab es lediglich am Morgen Kursverluste, während die Renditen im Gegenzug zulegten. Im weiteren Handelsverlauf entspannte sich die Lage. Die Rendite für zehnjährige Papiere war zuletzt kaum verändert.
An der Aktienbörse in London kam es sogar zu Kursgewinnen. Im Vormittagshandel stieg der britische Leitindex FTSE 100 um etwa ein halbes Prozent auf 7491 Punkte. Händler erklärten die Gewinne am Aktienmarkt mit dem Kursrutsch beim Pfund, der britische Waren im Ausland günstiger macht und somit die Exportwirtschaft stützt. Auch an den übrigen europäischen Aktienmärkten kam es überwiegend zu leichten Gewinnen.
Trotz des Wahl-Desasters für die Regierung in London gab es an den Märkten keine Flucht in sichere Anlagehäfen. So ist beispielsweise der Preis für Gold – traditionell ein guter Indikator für die Unsicherheit der Anleger – nach Veröffentlichung der Wahlergebnisse gesunken. (awp/mc/upd/ps)