London / Frankfurt – Das britische Pfund hat am Tag des Brexit zunächst unter Druck gestanden. Am Morgen kostete ein Pfund im Tief 1,2385 US-Dollar beziehungsweise 1,1448 Euro oder 1,2285 Franken. Gegenüber dem Dollar war das ein halbes Prozent weniger als am Dienstag, zum Euro und Franken betrugen die Kursverluste ein viertel Prozent. Im Vormittagshandel konnte sich das Pfund aber wieder etwas erholen.
Schon am Dienstagnachmittag hatte das Pfund zu vielen Währungen deutlich nachgegeben. Dies war jedoch auch Folge einer breit angelegten Stärke des US-Dollar. Ungeachtet dessen sprechen Devisenexperten von einer grossen Nervosität unter Pfund-Investoren. Die Kursverluste der britischen Währung zeigten, wie anfällig das Pfund gegen jede Art von Brexit-Thema sei, kommentiert Craig Erlam vom Online-Broker Oanda. Das dürfte vorerst auch so bleiben.
Grosse Unsicherheit
Am Mittwoch wird Grossbritannien offiziell seinen Austritt aus der Europäischen Union beantragen. Für diesen Schritt, der die jahrzehntelange EU-Mitgliedschaft des Königreichs beenden wird, hatte sich im vergangenen Sommer in einem Referendum eine knappe Mehrheit der Briten ausgesprochen. Premierministerin Theresa May wird am Mittwoch eine Erklärung im britischen Parlament abgeben, während der britische Botschafter in Brüssel das Austrittsschreiben einreichen wird.
Am Devisenmarkt werden die Kursverluste des Pfund vor allem mit den grossen wirtschaftlichen Risiken und der Ungewissheit erklärt, die der Brexit und die Austrittsverhandlungen mit sich bringen. Nicht zuletzt wird auf den kurzen Zeitraum verwiesen, der für die Verhandlungen zum künftigen Verhältnis zwischen Grossbritannien und der EU bleibt. Die vorgesehenen zwei Jahre könnten sich aufgrund verschiedener Faktoren wie der notwendigen Ratifizierung der Ergebnisse auf nicht viel mehr als ein Jahr reduzieren, schätzen Experten. Für internationale Handelsabkommen ist das ein sehr kurzer Zeitraum.
Schwaches Pfund belastet Wirtschaft
Darüber hinaus ist vollkommen unklar, unter welchen Bedingungen Grossbritannien aus der EU ausscheidet – sprich: welche Regeln an die Stelle von EU-Recht treten werden. Die britische Wirtschaft hat den Ausstiegswunsch bisher zwar gut verkraftet, die weitere Entwicklung dürfte aber entscheidend von Verlauf und Ergebnissen des Verhandlungsprozesses abhängen. Viele Fachleute erwarten, dass die damit einhergehende Unsicherheit die britische Konjunktur früher oder später belasten wird. Und das Pfund dürfte anfällig für Kursschwankungen bleiben.
Die Schwäche des britischen Pfund spielt eine besondere Rolle für die konjunkturelle Entwicklung Grossbritanniens. Denn die Realeinkommen und damit die Kaufkraft der britischen Verbraucher werden über teurere Einfuhren merklich belastet. Das dürfte die Konjunktur zusätzlich bremsen. Die britische Notenbank bringt das wiederum in die Bredouille, zwischen einer straffen, das Pfund stärkenden Geldpolitik, und einer lockeren, die Konjunktur unterstützenden Geldpolitik wählen zu müssen. (awp/mc/upd/ps)