Zürich – An der Börse ist am Donnerstag der zuletzt gesehene Rekordlauf abrupt gestoppt worden. Von zunehmenden Coronasorgen und der Angst vor einer eher früher als später geplanten Straffung der US-Geldpolitik belastet, verkauften die Anleger Aktien und strichen so zuvor erzielte Kursgewinne ein. Der Leitindex SMI verlor vom Start weg stark an Terrain und fiel am Nachmittag kurz gar unter 12’300 Punkte, dies nachdem er am Vortag bei 12’573 Stellen noch ein Allzeithoch gesetzt hatte. Mit Blick auf die nur leichten Abgaben an der Wall Street konnte sich der SMI bis Handelsende immerhin vom Tagestief absetzen.
Mehrere Themen setzten am Donnerstag vor allem zyklischen Aktien zu. Vorherrschend war die Sorge vor einer nächsten Coronawelle, die der Erholung der Weltkonjunktur zusetzen könnte. Vor allem die steigenden Coronazahlen in Asien seien beunruhigend, hiess es. Zugleich plant China Gesetze, die reiche Staatbürger an die Kandare nehmen sollen. Zu reden gab auch die US-Geldpolitik. Die Anleger fürchten sich davor, dass die US-Notenbank Fed noch in diesem Jahr mit der Reduktion der Wertpapierkäufe beginnt. Das Protokoll zur jüngsten Zinssitzung lieferte Hinweise dazu. Das nährte die Nervosität an der Börse, was am Anstieg des Volatilitätsindex VSMI abzulesen war.
Bis Handelsende verlor der SMI 1,13 Prozent auf 12’403,58 Punkte. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, büsste 1,39 Prozent auf 2003,67 Stellen und der breite SPI 1,07 Prozent auf 15’892,53 Zähler ein. Bis auf Alcon und Nestlé schlossen sämtliche 30 SLI-Titel tiefer.
Die grössten Verlierer bei den Blue Chips waren Richemont (-6,6%) und Swatch (-6,7%). Gründe dafür waren die steigenden Corona-Infektionszahlen in den für die beiden Uhrenkonzerne wichtigen asiatischen Märkte und die regulatorischen Einschränkungen, die China für Reiche plant. Da half es auch nicht, dass sich Swatch-CEO Nick Hayek in einem Zeitungsinterview bezüglich Aussichten weiterhin optimistisch äusserte und die Schweizer Uhrenexporte im Juli um 30 Prozent angestiegen waren.
Unter erhöhtem Abgabedruck standen auch von der Konjunkturentwicklung geprägte Aktien wie Holcim (-2,2%) oder Adecco (-3,0%), während Logitech (-2,8%) Händlern zufolge unter dem Einfluss von Leerverkäufen litten. Bei Geberit (-1,7%) wurden trotz guter Zahlen zum ersten Halbjahr ebenfalls Gewinne mitgenommen. Gleiches war bei Straumann (-2,6%) und Sonova (-1,8%) zu sehen. Letztere wurden von der Zahlenenttäuschung des Konkurrenten GN Resound belastet.
Aktien mit einem defensiven Anstrich schlugen sich derweil besser als der Markt: Nestlé konnten sogar das Kursniveau des Vortages verteidigen, während die Papiere des Augenheilmittelspezialisten Alcon (+0,7%) gut im Plus schlossen. Der Alcon-Kurs hatte am Vortag nach dem Zwischenbericht bereits um kräftige 14 Prozent zugelegt und ein Allzeithoch erreicht.
Besser als der Markt schnitten auch SGS (-0,04%), die Roche-Genussscheine (-0,2%), Dauerbrenner Lonza (-0,5%) oder die defensiven Swisscom-Aktien (-0,6%) ab. Dagegen konnte sich der Pharmariese Novartis (-1,5%) dem Abwärtssog nicht entziehen und auch die Grossbanken UBS (-2,3%) und Credit Suisse (-1,8%) verloren stark an Wert.
Am breiten Markt rückten Meyer Burger entgegen dem Trend um 6,6 Prozent vor, nachdem der Solarpanelhersteller seine vor einiger Zeit eingeleitete Transformation als abgeschlossen erklärte und die Geschäftsziele bestätigte. Kursgewinne verbuchten auch die Titel von Relief Therapeutics (+2,1%). US-Kooperationspartner NRx hatte positive Studienergebnisse zum Einsatz von Zyesami (Aviptadil) bei Patienten mit lebensbedrohlichem Covid-19 veröffentlicht.
Ansonsten konnten Firmen, die eigentlich gute Ergebnisse zum ersten Halbjahr veröffentlichten, an der Börse nicht brillieren. So fielen nach der Zahlenvorlage die Aktien von Ascom (-6,7%), Feintool (-3,0%), Meier Tobler (-0,3%) und Siegfried (-6,0%) zum Teil deutlich zurück. (awp/mc/ps)