Zürich – Die Schweizer Börse hat am Mittwoch auf breiter Front Terrain eingebüsst. Im späten Geschäft weiteten sich die Einbussen im Fahrwasser der Wall Street noch aus. Händler begründeten den Kursrückgang mit steigenden Infektionszahlen mit dem Coronavirus in Teilen der USA und in Deutschland und einer zunehmenden Furcht vor einem verschärften Handelskonflikt zwischen den USA und der EU. Die Regierung von Präsident Donald Trump denkt über Zölle auf Waren im Wert von 3,1 Milliarden US-Dollar nach.
«Damit war der Weg frei für Gewinnmitnahmen», sagte ein Händler. Besser als erwartet ausgefallene Konjunkturzahlen aus Europa hätten kein Gegengewicht bilden können. Vielmehr seien die Anleger verunsichert über die weitere Entwicklung. Positivere Konjunkturdaten – in Deutschland und Frankreich hat sich das Geschäftsklima merklich aufgehellt – und negative Entwicklungen sich bei den Infektionen hielten sich die Waage. Die Marktteilnehmer seien zwischen der Hoffnung auf eine schnelle Erholung der Weltwirtschaft und der Sorge vor einer zweiten Infektionswelle hin- und hergerissen.
Der SMI schloss um 2,19 Prozent tiefer auf 10’021,9 Punkten. Der SLI, in dem die Gewichtung der Schwergewichte gekappt ist, sank um 2,13 Prozent auf 1’493,54 und der breite SPI um 1,95 Prozent auf 12’415,97 Zähler. Nur zwei der 30 SLI-Werte konnten zulegen, während 28 zum Teil kräftig nachgaben.
Viele Gewinner der vergangenen Tage zeigten sich nun als Verlierer: So büssten die Aktien der Banken Credit Suisse (-4,2%), Julius Bär (-3,6%) und UBS (-2,1%) relativ deutlich an Wert ein. Händler verwiesen wie üblich bei fallenden Finanzwerten auf die Zins- und Konjunkturaussichten und erwähnten zudem die Turbulenzen bei dem Zahlungsabwickler Wirecard hin. «Das verdarb die Stimmung im Sektor ganz massiv», sagte ein Händler.
Daher standen auch Versicherer oben auf den Verkaufslisten: Swiss Re (-3,1%), Swiss Life (-2,4%) und Zurich (-2,4%) gaben ebenfalls deutlich nach. Den stärksten Abschlag aber verbuchte Alcon (-5,7%). Mit Sonova (-4,6%) und Straumann (-3,5%) sackten weitere Medizintechnikwerte deutlich ab. Händler sprachen dabei von einem gesamteuropäischen Trend.
Auch bei den Luxusgüterwerten Swatch (-3,7%) und Richemont (-2,1%) wurden Gewinne eingestrichen. Andere zyklische Papiere wie Temenos (-2,7%), Clariant (-2,5%) und LafargeHolcm (-2,2) verloren ebenfalls deutlich an Wert.
Stark belastet wurde der Markt ausserdem von den Verlusten bei den defensiven Schwergewichte Nestlé (-1,6%), Novartis (-2,3%) und Roche (-2,6%).
Die Papiere der Partners Group (-0,2%) rutschten erst im Späthandel in die Verlustzone. Zuvor waren sie dank Spekulationen auf eine Aufnahme in den Leitindex SMI im Herbst gefragt, hiess es am Markt. Weichen müssten wohl die Valoren des Stellenvermittlers Adecco (-2,4%), die denn auch entsprechend Boden verloren. Marktteilnehmer, die sich an einem Index messen oder einen solchen nachbilden, kaufen üblicherweise die Titel der Aufstiegskandidaten und werfen die Index-Absteiger aus den Depots.
Deutlich fester aber unter dem Tageshoch schliessen die Akten von AMS (+5,9%). Für den Halbleiterhersteller hatte die US-Bank JPMorgan das Rating auf «Overweight» erhöht. Die Angst vor dem Verlust von Apple-Aufträgen sei unbegründet, erklärte der zuständige Analyst. Ebenfalls im Plus schlossen Kühne+Nagel (+1,1%).
Lonza (-0,3%) – das Lieblingskind der Börsianer in diesem Jahr – gönnte sich ebenfalls eine Verschnaufpause. Die Aktie läuft und läuft seit Monaten – am Mittwoch hatten gleich drei Analysten daher ihr Kursziel nachgezogen.
Unternehmensnachrichten gab es in erster Linie aus den hinteren Reihen. Der von der Coronavirus-Krise schwer getroffene Duty-free-Shop-Betreiber Dufry (-6,6%) will eine früher in Aussicht gestellte Restrukturierung umsetzen. Dabei sollen die Personalkosten um bis zu 35 Prozent sinken.
Basilea (-4,7%) informierte über die Ausgabe einer Wandelanleihe, was die Papiere naturgemäss deutlich unter Druck setzte. Das Biopharmaunternehmen will mit diesem Schritt seine Bilanz verbessern. (awp/mc/pg)