Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat den Handel am Freitag mit einem kleinen Plus beendet. Nachdem der Leitindex SMI am Morgen noch deutliche Gewinne verbucht hatte, machte sich unter den Anlegern nach und nach die Unsicherheit wegen der Coronakrise wieder stärker breit. Auf Schnäppchenjäger bleibe Verlass, schon kleinere Rückschläge würden am Markt wiederholt für Käufe genutzt, was ein positives Signal darstelle, sagte ein Marktbeobachter. Der SMI war an den zwei Tagen zuvor klar zurückgefallen. Deckungskäufe vor dem Wochenende und der kleine Eurex-Verfall sorgten zudem für eine gewisse Stütze.
Die Erholung an der Wall Street vom Vortag geriet am Freitag jedoch wegen schwacher Konjunkturdaten ins Stocken. So erlitt die US-Industrie im April den schärfsten Einbruch seit rund 100 Jahren, und auch die Einzelhandelsumsätze brachen zweistellig ein. «Womöglich ging es mit der Erholung der Börsen vom Jahrestief einfach zu rasch und wir sind bereits wieder zu weit gelaufen», sagte ein Händler. Denn weltweit schritten die Lockerungen zwar voran, doch die Sorgen um das Tempo der konjunkturellen Erholung blieben. Zudem droht der Handelsstreit zwischen den USA und China wieder stärker hochzukochen.
Der SMI gewann am Schluss 0,37 Prozent auf 9’483,10 Punkte. Nach einer dreiwöchigen Seitwärtsbewegung kam der Schweizer Leitindex in dieser Woche damit auf ein Wochenminus von 1,9 Prozent.
Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, legte 0,33 Prozent zu auf 1’372,15 Punkte und der breite SPI 0,76 Prozent auf 11’852,02 Punkte. 19 der 30 SLI Titel schlossen fester und elf tiefer.
Die grössten Gewinner waren prozentual Temenos (+3,2%), Sonova (+2,5%) sowie Schindler PS und Kühne+Nagel (je +2,2%). Alle vier Titel hatten am Vortag stark an Wert eingebüsst.
Die Aktien des Industriekonzerns ABB (+1,6%) profitieren laut Händlern von einer europaweiten Branchenstärke. Auch Siemens und Co. seien gefragt gewesen, hiess es.
Ausserdem schoben die defensiven Schwergewichte den Leitindex an, wobei besonders die Pharmawerte Roche (+1,8% auf 354,05 Fr.) und Nestlé (+0,7%) zulegten, aber auch Novartis (+0,2%) zogen an.
Roche hat eine neue Diagnostik-Lösung für bestimmte Bluttests lanciert, wie der Konzern am Freitag mitgeteilt hatte. Obwohl die Pharmatitel im laufenden Jahr 13 Prozent im Plus stehen und damit zu den sehr wenigen Gewinnern unter den Blue Chip gehören, erhöhte zudem Barclays das Kursziel auf 395 von 385 Franken und bekräftigte die Einstufung «Overweight».
Auf der Gegenseite kamen hingegen besonders Richemont (-2,0%) unter die Räder. Der Luxusgüterkonzern war voll von der Coronakrise erfasst worden und hatte mit den Ergebnissen im Geschäftsjahr 2019/2020 die Markterwartungen verfehlt. Die Dividende soll halbiert werden, worauf Marktteilnehmer enttäuscht reagierten, und auf eine Prognose verzichtet der Genfer Konzern.
Im Fahrwasser von Richemont gaben auch die Aktien von Rivale Swatch (-0,5%) ab, nachdem sie über weite Handelsstrecken am Freitag noch im Plus notierten.
Auch für Swiss Re (-1,3%) ging es weiter bergab. Und auch die Grossbankenpapiere UBS (-0,6%) und Credit Suisse (-0,8%) konnten sich nicht erholen.
Den stärksten Abschlag verbuchten LafargeHolcim (-5,4% oder -2,04 Fr.), die allerdings Ex-Dividende von 2 Franken je Aktie gehandelt wurden.
Am breiten Markt legten LM Group (+7,6% auf 16,95 Fr.) am Schluss deutlich zu, nachdem sie am Donnerstag um mehr als 7 Prozent eingebrochen waren. Der Online-Reiseanbieter leidet unter der Coronakrise, weshalb eine Kapitalerhöhung das Unternehmen durch die schwierige Zeit bringen soll. Kepler senkte zwar das Kursziel auf 24 Franken, bestätigte aber die Kaufempfehlung. Manchmal sei das Ziel wichtiger als die Reise, hiess es im Kommentar. Die Entscheidung das Kapital zu erhöhen könne sich als sinnvoll erweisen, wenn sich die Reisemärkte langsam wieder belebten.
Ausserdem fielen Medartis (+8,2%) positiv auf, die einen Teil der starken Vortageseinbussen wettmachten. (awp/mc/pg)