Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat nach Gewinnen am Vortag am Mittwoch wieder abgegeben. Eine mögliche Energiekrise und der andauernde Ukraine-Kriegs sorgen bei den Anlegern für grosse Unsicherheiten. Am Nachmittag kündigte Russlands Aussenminister Sergej Lawrow die Besetzung weiterer Gebiete in der Ukraine an. Zudem ist ungewiss, ob Russland nach Abschluss einer Routinewartung der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 1 am Donnerstag wieder Gas liefern wird. Belastet hatte die Aktienmärkte zur Mittagszeit Aussagen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Diese hatte gesagt, Europa müsse sich auf eine mögliche vollständige Unterbrechung der russischen Gasversorgung vorbereiten.
Später am Nachmittag kam dann die Meldung, dass nach dem Ende der Revision für Donnerstag Gaslieferungen durch die Pipeline angekündigt sind. Das geht aus vorläufigen Daten des Netzbetreibers Gascade hervor. Diese Anmeldungen können sich allerdings noch bis kurz vor der tatsächlichen Lieferung ändern. Es gibt die Meinung am Markt, dass die Gaslieferungen mit 40 Prozent der Gesamtkapazität wieder anlaufen könnten. Die Anleger zeigten sich derweil auch zurückhaltend vor dem für Donnerstag angekündigten Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB). Eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte käme besser an als eine wie in Aussicht gestellte um lediglich 25, mutmasste ein Händler.
Der SMI schloss 0,56 Prozent tiefer bei 11’059,49 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, gab um 0,16 Prozent auf 1702,81 nach und der breite SPI 0,48 Prozent auf 14’262,02 Zähler. Im SLI gewannen 16 Titel hinzu, während 14 nachgaben.
Die grössten Verlierer waren die schwergewichtigen Nestlé (-1,8%) und Novartis (-1,2%). Sie wurden damit zur grossen Belastung im SMI. Novartis konsolidieren laut Händlern damit den am Vortag nach der Zahlenvorlage verbuchten Kursgewinn. Auch Roche (-0,6%) waren am Mittwoch – am Tag vor der Veröffentlichung des Halbjahresabschlusses – unter Druck, wenn auch moderater.
Deutlich fester schlossen zudem die Finanztitel Zurich (-1,1%) und Swiss Re (-1,0%). Bei den Banken gaben CS -0,4 Prozent ab, UBS legten mit +0,3% hingegen etwas zu. Am Vortag hatten die Anteile der UBS wegen einer Verkaufsempfehlung von Barclays schlechter abgeschnitten als jene der CS.
Zu den grössten Gewinnern unter den Bluechips gehörten hingegen die Aktien des Warenprüf- und Inspektionskonzerns SGS (+1,7%). Sie holten damit einen Teil der Kursverluste auf, die sie am Vortag nach den Halbjahreszahlen eingefahren hatten.
Auch Partners Group, AMS Osram, Logitech, Sika, VAT und Kühne+Nagel legten zwischen 1,4 und 2,3 Prozent zu.
In den hinteren Reihen fielen Lastminute mit einem starken Rücksetzer von -10,5 Prozent besonders negativ auf. Gegen die Schweizer Töchter des Online-Reiseanbieter ist eine Untersuchung wegen möglichem Missbrauch im Zusammenhang mit der Beantragung und dem Bezug von Covid-19-Kurzarbeitentschädigungen eingeleitet worden.
Auch Also (-5,9%) gaben deutlich ab, nachdem der IT-Grosshändler im ersten Halbjahr weniger Umsatz und Gewinn erzielt hatte.
Die Papiere des weltgrössten Schokoladenherstellers Barry Callebaut hielten sich zwar lange knapp im Plus, schlossen gegen Ende aber um 0,3 Prozent tiefer. Der Konzern erzielte zwar ein robustes Volumenwachstum. Für Unmut unter den Anlegern sorgten aber nach wie vor die Kosten für die Schliessung des Werks in Wieze. Die grösste Schokoladenfabrik von Barry wurde Ende Juni geschlossen, nachdem dort Salmonellen gefunden wurden. Der Betrieb soll ab August schrittweise wieder aufgenommen werden.
Dagegen profitierten Georg Fischer von einem starken Bestellungseingang im ersten Halbjahr (+7,5%). (awp/mc/ps)