Zürich – Die Schweizer Börse hat am Mittwoch an den Höhenflug der letzten Tage angeknüpft und erneut klar fester geschlossen. Der Leitindex SMI rückte bereits früh im Handel über die psychologisch wichtige Grenze von 10’000 Punkten und kletterte mit Unterstützung der Wall Street weiter in die Höhe. Einer guten Nachfrage erfreuten sich Aktien, die mit Blick auf den corona-bedingten Markteinbruch zu den grossen Verlierern zählten und jetzt Boden gut machen. Risiken wie etwa eine zweite Infektionswelle, die wachsenden Spannungen zwischen den USA und China oder die Unruhen auf den Strassen in den USA werden derzeit ausgeblendet.
Mit der Hoffnung auf eine baldige Normalisierung und auf eine rasche Erholung der Weltwirtschaft nach der Coronakrise greifen die Anleger am Aktienmarkt zu. Vor allem die Papiere von Versicherungen, Banken und Zyklikern sind beliebt. «Die Börse nimmt eine V-förmige Konjunkturerholung vorweg», sagte ein Händler. Gelingt dies, dann würde sich die Weltwirtschaft nach dem diesjährigen Einbruch im kommenden Jahr kräftig erholen. Getragen wird die Börseneuphorie von weiteren Lockerungen der Corona-Massnahmen in vielen Ländern und milliardenschweren Konjunkturprogrammen weltweit. Am morgigen Donnerstag wird die Europäische Zentralbank (EZB) weiter ausführen, wie sie mit geldpolitischen Werkzeugen die Wirtschaft unterstützen will.
Am Mittwoch legte der SMI bis Börsenschluss um 2,33 Prozent auf 10’183,77 Punkte zu und eroberte somit die 10’000er-Marke zurück, die er Anfang März preisgegeben hatte. Der breite SPI avancierte um 1,83 Prozent auf 12’584,39 Zähler und der 30 Titel umfassende SLI, in dem die defensiven Schwergewichte nicht mit ihrem ganzen Gewicht enthalten sind, gewann gar 2,91 Prozent auf 1’529,16 Punkte. Unter den 30 wichtigsten Titeln wies am Ende nur Novartis ein Minus auf.
Die restlichen Blue Chips gewannen teilweise stark an Wert, allen voran Versicherer wie Swiss Re (+8,2%), Swiss Life (+5,1%) oder Zurich (+6,1%). Sie profitierten von positiven Analystenkommentaren und bauten die seit dem Corona-Ausbruch erlittenen Kurseinbussen weiter ab. Die Krise dürfte die Branche zwar Geld kosten, es sei aber auch mit steigenden Tarifen zu rechnen, hiess es etwa.
Auf den Kaufzetteln der Investoren standen erneut auch die Banken. Die Papiere der Credit Suisse verteuerten sich um 6,4 Prozent, jene der UBS um 4,7 Prozent und Julius Bär um 3,7 Prozent.
Stark nach oben ging es auch für den Sensorenhersteller AMS (+7,9%). Etwas Rückenwind hat Händlern zufolge die Prognoseerhöhung des US-Rivalen Microchip gegeben. Weitere Zykliker wie Adecco (+5,2%), ABB (+5,1%), LafargeHolcim (+5,0%) sowie die zuletzt gebeutelten Luxusgütertitel Richemont (+4,8%) und Swatch (+5,1%) erholten sich ebenfalls kräftig.
Etwas gebremst wurde die Erholung im SMI vom defensiven Schwergewicht Novartis (-0,1%) als einzigem Verlierer unter den Blue Chips. Dagegen kletterten Nestlé (+0,9%) und Roche (+1,4%) gegen Handelende hin dem Gesamtmarkt folgend noch in die Höhe.
Am breiten Markt fielen Autoneum mit einer Gewinnwarnung um 4,6 Prozent zurück. Der Automobilzulieferer rechnet im ersten Halbjahr wegen der Coronakrise mit einem Verlust im «höheren zweistelligen Millionenbereich». Wie das Gesamtjahr ausgehen wird, kann das Management derzeit noch nicht abschätzen.
Die Titel der Waadtländer Kantonalbank BCV büssten gegen den Trend 2,3 Prozent ein. Händler sprachen von Gewinnmitnahmen, nachdem die Aktien im Vorfeld der Aufnahme in den MSCI Switzerland und den Stoxx Europe 600 Index stark gestiegen waren.
Auf der anderen Seite setzten Dufry (+10%) getragen von einer Kaufempfehlung einer Bank und der Hoffnung auf eine baldige Belebung des globalen Flugverkehrs und des Tourismus die Aufwärtsbewegung fort. Bereits in den Tagen zuvor wurden die Titel stark nachgefragt.
Auch Sulzer (+4,9%) zählten zu den Gewinnern. Das führten unter anderem auf einen Bericht der Internationalen Energieagentur IEA zurück. Darin zeichnen die Autoren ein nicht ganz so düsteres Bild der diesjährigen Investitionstätigkeit auf. (awp/mc/ps)