CH-Schluss: Neu aufgeflammte Zinsängste lassen SMI absacken
Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat am Donnerstag stark nachgegeben und damit den Abwärtstrend seit Anfang der Woche noch beschleunigt. Nach einer bereits schwachen Eröffnung sackte der SMI am Nachmittag erstmals seit Ende März wieder unter die Marke von 11’000 Punkten. Für die weiter eingetrübte Stimmung am Markt sorgten neu aufgeflammte Ängste um weitere Zinserhöhungen in den USA.
Das am Mittwochabend veröffentlichte Protokoll der US-Notenbank Fed hatte gezeigt, dass die Mehrheit der FOMC-Mitglieder mindestens einen oder gar zwei weitere Zinsschritte befürwortet. Für die Anleger sei das eine bittere Pille, meinte ein Börsenkommentator. In den Fokus rückte zudem der am Freitag anstehende US-Arbeitsmarktbericht. Der als Indikator für die Zahlen geltende ADP-Bericht zeigte am Donnerstag einen starken Anstieg der neu geschaffenen Stellen im US-Privatsektor. Ein starker Arbeitsmarkt dürfte dem Fed Argumente für weitere Zinserhöhungen bieten
Der SMI schloss 1,85 Prozent tiefer bei 10’986,78 Punkten, nur knapp über dem zuvor erreichten Tagestief von 10’967,57 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind und in dem die Gewichtung der einzelnen Werte gekappt ist, sank um 1,99 Prozent auf 1715,26 und der breite SPI verlor 1,76 Prozent auf 14’482,25 Zähler. Alle 30 SLI-Werte gingen mit Verlusten aus dem Handel.
Schwächste Titel im SMI/SLI waren einmal mehr die Aktien des Chipherstellers AMS Osram (-5,6%), die bereits am Mittwoch um über 13 Prozent eingebrochen waren. Zu den Sorgen um Lieferaufträge für die Apple Watch kämen nun Befürchtungen um eine bevorstehende Gewinnwarnung von Samsung dazu, sagte ein Marktbeobachter. Starke Abgaben erlitten auch die volatilen Titel des Bankensoftware-Spezialisten Temenos (-3,3%).
Auch weitere zyklische Titel gerieten stark unter Druck, darunter die Aktien des Zementkonzerns Holcim (-3,9%), des Bauchemiekonzerns Sika oder des Sanitärkonzerns Geberit (beide -3,1%). Belastet wurden die Titel nicht zuletzt durch eine Studie der HSBC, in welcher die Analysten der britischen Bank einen spürbaren Abschwung im europäischen Baugewerbe im laufenden und im kommenden Jahr prognostizieren.
Abwärts ging es aber auch mit den Luxusgüterwerten Richemont (-3,1%) und Swatch (-2,4%). Diese litten laut Beobachtern von den Unsicherheiten im wichtigen Markt China, in dem sich zuletzt auch die konjunkturellen Aussichten wieder eingetrübt hatten. Die Aktien des Personalvermittlers Adecco (-1,6%) wurden von einem schwachen Zwischenbericht des Spezialistenvermittlers Robert Walters belastet.
Unter Druck standen auch Finanztitel, allen voran die Aktien des Privatmarktspezialisten Partners Group (-3,7%), aber auch die Aktien der Grossbank UBS (-3,6%). Auch die Versicherungstitel Swiss Life und Swiss Re (beide -1,9%) standen deutlich unter Druck, etwas weniger hoch fielen die Verluste bei Zurich (-1,5%) aus.
Bei den Börsenschwergewichten belasteten vor allem klare Abgaben in den Titeln des Pharmakonzerns Roche (-2,2%) die Indizes, aber auch die Aktien des Basler Konkurrenten Novartis (-1,5%) gaben nach. Die Aktien des Lebensmittelriesen Nestlé (-0,8%) hielten sich dagegen besser als der Gesamtmarkt.
Mit eher geringeren Abgaben gingen auch die defensiven Aktien des Telekomkonzerns Swisscom (-0,9%) aus dem Handel. Ebenfalls etwas besser halten konnten sich die Aktien des Pharmazulieferers Lonza (-0,5%).
Am breiten Markt gaben Stadler Rail (-4,1%) deutlich nach, nachdem Kepler Cheuvreux das Anlagerating «Reduce» für die Titel mit einem gesenkten Kursziel bestätigte. Die Meldung über eine weitere Bestellung für 35 neue Züge der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) aus dem bestehenden Rahmenvertrag konnte die Stimmung der Investoren nicht verbessern.
Die Titel des Halbleiter-Spezialisten U-Blox (+1,2%) profitierten dagegen von einer Kaufempfehlung durch Baader Helvea. Die jüngste Kursschwäche sei wohl stark übertrieben, hiess es beim Broker dazu. Deutlich im Plus schlossen die Aktien der Online-Apotheke DocMorris (+5,8), die von positiven Quartalszahlen des grössten Konkurrenten Redcare Pharmacy profitierten. (awp/mc/ps)