CH-Schluss: Gewinnmitnahmen sorgen für tiefere Kurse
Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat seinen Höhenflug zumindest vorläufig beendet und am Donnerstag erstmals nach sieben Börsentagen wieder schwächer geschlossen. Als mögliche Gründe nannten Händler Gewinnmitnahmen auf dem sehr hohen Kursniveau. Dazu kamen die anhaltenden Sorgen um die Lungenkrankheit in China und deren ungewisse Folgen für die Weltwirtschaft. Zudem befürchteten viele Marktteilnehmer, dass US-Präsident Donald Trump, nachdem der Handelsstreit mit China auf gutem Weg sei, den Zollkonflikt nun auf Europa verlagern könnte. «Es gibt viele Gründe, um zu verkaufen. Und wir sind halt einfach auf einem sehr hohen Kursniveau. Da braucht es nicht viel», sagte ein Händler.
Auch die EZB wurde als mögliche Kurs-Bremse genannt. Bei ihrer Sitzung hielt sie zwar wie erwartet an der bisherigen ultralockeren Geldpolitik fest. Der geldpolitische Rat habe aber beschlossen, mit der Überprüfung der geldpolitischen Strategie zu beginnen, schreibt Thomas Gitzel von der VP Bank. Christine Lagarde habe nochmals deutlich gemacht, dass sämtliche geldpolitische Messinstrumente und Werkzeuge überprüft würden. «Die EZB möchte jeden Stein umdrehen.» Nach Ansicht von Daniel Hartmann, dem Chefökonom des Asset Managers der Bantleon Bank, hat die EZB bei der heutigen Pressekonferenz einige Schritte in Richtung geldpolitischer Normalisierung noch in diesem Jahr signalisiert. «Die Anleger fürchten halt um ihren Stoff», sagt ein Händler.
Der SMI schloss um 0,74 Prozent tiefer bei 10’813,94 Punkten. Der SLI, der die 30 wichtigsten Aktien umfasst, verlor 1,02 Prozent auf 1’660,55 und der breite SPI 0,88 Prozent auf 13’104,33 Punkte. Bis auf Sonova (+0,6%) schlossen alle SLI-Werte tiefer.
An der Spitze der Verlierer standen Partners Group (-5,0% auf 894 Fr.). Gewinnmitnahmen und ein Analystenvotum sorgen für Abgabedruck. Berenberg nimmt die Abdeckung mit der Einstufung «Sell» auf und fixierte das Kursziel auf 607 Franken – rund einen Drittel unter dem aktuellen Kurs.
Gewinnmitnahmen setzten die Aktien von Julius Bär (-3,0%) auf den zweitletzten Platz im SLI. Der Titel des Vermögensverwalters ist 2019 um mehr als 40 Prozent gestiegen und hat den Aufwärtstrend im neuen Jahr fortgesetzt.
Unter Druck standen einmal mehr Swatch (-3,0%) und Richemont (-2,3%), die im Lichte der Ereignisse in Asien verkauft werden. In Fernost generieren die Luxusgüterhersteller einen guten Teil ihres Geschäftes. Der Ausbruch der Lungenkrankheit betrifft neben der Luxus- auch die Reise- und Tourismusbranche, warnten Experten von Moody’s. Dufry büssen daher 3,2 Prozent ein.
Wegen der Lungenkrankheit wurden in China zwei Millionen-Metropolen abgeriegelt. «Auch wenn man nicht übertreiben sollte, können solche Neuigkeiten schon für Nervosität sorgen und so manchen davon abhalten, überhaupt und erst recht nicht nach Übersee zu reisen», sagte ein Händler.
Aus den Depots gekippt wurden auch verschiedene Zykliker wie Sika (-2,5%), die volatilen AMS (-3,0%), Temenos (-2,6%) und Kühne+Nagel (-2,6%).
Auf der anderen Seite verbuchte einzig Sonova (+0,6%) ein Plus.
Finanzwerten gab laut Händlern die Hoffnung auf eine neue EZB-Strategie eine gewisse Stütze. Die Versicherer Zurich (-0,1%), Swiss Life (-0,2%) und Swiss Re (-0,3%) schlugen sich vergleichsweise gut. Die Grossbanken Credit Suisse (-0,8%) und UBS (-0,9%) gaben stärker nach.
Am Vortag der Ergebnispublikation sanken Givaudan um 0,9 Prozent. Der Branchenprimus für Aromen und Riechstoffe dürfte 2019 einmal mehr deutlich gewachsen sein. Analysten sind allerdings auf die Dynamik im Schlussquartal gespannt.
Am breiten Markt stiegen Autoneum nach ersten Zahlen zu 2019 um 3,1 Prozent. Der Autozulieferer hat 2019 in einem schrumpfenden Markt den Umsatz gesteigert und damit die Prognosen der Analysten übertroffen.
Dagegen büssten die Aktien des Kabelspezialisten Huber+Suhner (-3,0%) und des Schweissautomatenherstellers Schlatter (-6,9%) nach Zahlen zum Geschäftsjahr 2019 deutlich tiefer. (awp/mc/pg)