Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat am Freitag stark nachgegeben. Nach einem bereits schwachen Start kam mehr und mehr Ausverkaufsstimmung auf und die Kurse sackten im Tagesverlauf immer weiter ab. Zum Schluss hielt sich der SMI nur knapp über der Marke von 7’900 Punkten. Die Brexit-Abstimmung in Grossbritannien rückt näher und wirft ihre Schatten in Form erhöhter Nervosität an den Aktienmärkten voraus.
Die Aktienmärkte hätten sich bisher vergleichsweise stabil gezeigt, nach den jüngsten Umfragen werde aber das Risiko eines EU-Austritts von Grossbritannien höher gewichtet und in die Kurse eingepreist, hiess es am Markt. Keine Hilfe kam am Nachmittag aus den USA, wo die Kurse an der Wallstreet ebenfalls nach unten tendierten. Darüber hinaus wurde das allgemeine Sentiment auch von den verschiedenen Medienberichten über die negative Haltung gegenüber Aktien des US-Investors George Soros belastet. In den Fokus der Investoren rückt nun bereits die Sitzung der amerikanischen Notenbank vom kommenden Mittwoch.
Der Swiss Market Index (SMI) büsste schliesslich 1,90% auf 7’922,71 Punkte ein, auf Wochensicht entspricht dies einem Minus von 2,8%. Der Volatilitätsindex VSMI verzeichnete am Freitag ein Plus von gut 17% auf über 22 Punkte. Der 30 Titel umfassende Swiss Leader Index (SLI), in dem die grössten Titel nicht mit der ganzen Gewichtung enthalten sind, rutschte um 2,04% auf 1’195,25 Punkte ab (erstmals seit Anfang Mai unter 1’200) und der breite Swiss Performance Index (SPI) um 1,82% auf 8’586,33 Punkte. Von den 30 Blue Chips schlossen 29 im Minus, einer war unverändert.
Tagesthema bei den Einzeltiteln war die angekündigte Restrukturierung bei Zurich Insurance, wobei sich die Aktie mit einem Minus von 0,7% deutlich besser hielt als der Gesamtmarkt. Der Versicherungskonzern will unter dem neuen CEO Mario Greco die Unternehmensstruktur vereinfachen und damit Profitabilität steigern. Komplexität soll abgebaut und Zuständigkeiten sollen klarer zugewiesen werden. Die geplanten Vereinfachungen der Organisation kamen am Markt grundsätzlich gut an, genauso wie Aussagen zur Eigenkapitalsituation und den Reserven. Der grosse Wurf scheine es aber nicht zu sein, meinten Analysten.
Grösste Verlierer bei den Blue Chips waren derweil die Aktien des Backwarenherstellers Aryzta (-3,9%), welche in der Jahreswertung mit einer negativen Performance von rund -25% nur noch von CS (-42%) und UBS (-29%) übertroffen werden. Am Berichtstag fielen CS mit einem Minus von 3,8% ähnlich stark zurück, während sich UBS (-2,3%) etwas besser hielten. Die CS-Aktie befindet sich seit über zwei Wochen auf Sinkflug und nähert sich mit dem heutigen Tagestief bei 12,01 CHF langsam wieder dem Jahrestief vom Februar an.
Zu den stärker gebeutelten Aktien gehörten zudem konjunktursensitive Titel wie LafargeHolcim (-3,6%), Swatch (-3,5%) und Richemont (-3,6%). LafargeHolcim erwägt einem Medienbericht zufolge den Verkauf des Zementgeschäfts in Sri Lanka, was in Börsenkreisen aber als kaum kursrelevant angesehen wurde.
Clariant (-1,9%) landeten im breiten Mittelfeld. Die geplatzte Übernahme des europäischen Enteisungsgeschäfts von Kilfrost wurde in Börsenkreisen nicht als grosse Tragödie angesehen, da dieses Geschäft gemessen am Gesamtumsatz von Clariant zu klein ist.
Als einziger Titel ohne Verluste beendeten Galenica die Sitzung unverändert. Relativ gut hielten sich auch Givaudan (-0,4%). Der Titel profitierte von Marktstimmen, die dem Aromen- und Riechstoff-Hersteller eine gute Performance bzw. das Erreichen der Wachstumsziele in diesem Jahr zutrauen.
Im breiten Markt fielen einige Industrietitel wie Meyer Burger (-5,0%), Comet (-4,8%) oder etwas moderater Burckhardt Compression (-3,9%) deutlicher zurück. Auch Finanztitel wie GAM (-5,1%) oder Leonteq (-4,9%) büssten stark ein. Valiant verloren 2,3%, obwohl die Ratingagentur Moody’s das Rating auf ‹A1› von ‹A2’angehoben hat.
Gegen den Trend zogen dagegen Straumann um 1,7% an, nachdem die Credit Suisse das Kursziel auf deutlich erhöht und das Rating «Outperform» bestätigt hat. (awp/mc/pg)