Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt ist am Donnerstag weiter gesunken. Der Leitindex SMI hatte sich im frühen Handel der Marke von 12’100 Punkten bis auf wenige Zähler genähert, vermochte sich danach aber zu stabilisieren bzw. machte am Nachmittag einen guten Teil der Verluste wett. Grosse Verluste bei den grossen Pharmatiteln liessen den SMI dann aber zum Schluss wieder klar zurückfallen.
Der am frühen Nachmittag veröffentlichte EZB-Zinsentscheid und die News zu Anleihenrückkaufprogramm, Konjunktur und Inflation gaben dem hiesigen Aktienmärkten nur kurzfristig etwas Schub. Die EZB hat die Zinsen einmal mehr unverändert auf dem extrem tiefen Niveau belassen; angesichts der gut laufenden Konjunktur will sie sie bei ihren milliardenschweren Anleihenkäufe aber leicht vom Gas gehen. Ein Ende des in der Pandemie aufgelegten Notkaufprogramms PEPP ist damit allerdings nicht beschlossen. Analysten und Ökonomen bewerteten die News zumindest für die Aktienmärkte als leicht positiv. «Die normative Kraft des Faktischen sorgt heute wieder für Zuversicht bei Anlegern, auch wenn es nicht allzu viele Alternativen zu dem gab, was die Europäische Zentralbank heute verkündete», war der Kommentar eines Marktteilnehmers.
Der SMI lag bei Tagesschluss mit -0,81 Prozent auf 12’116,43 Punkten nur knapp über Tagestief, das Tageshoch am Nachmittag war 12’190 Zählern. Im bisherigen Wochenverlauf entspricht dies einem Minus von doch fast 2 Prozent, nachdem bereits der Dienstag und der Mittwoch deutlich schwächer ausgefallen waren. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Akten enthalten sind, die grossen aber nicht mit dem ganzen Gewicht, verlor derweil lediglich 0,36 Prozent auf 1984,56 und der umfassende SPI 0,55 Prozent auf 15’655,95 Stellen. Von den 30 SLI-Titeln schlossen 16 im Minus und 12 im Plus, zwei (Nestlé, Richemont) waren unverändert.
Hauptgrund für das Minus im SMI war die Schwäche der beiden grossen Pharmawerte: Roche GS fielen mit einem Minus von 3,0 Prozent unter die Marke von 350 Fr. zurück, Novartis mit einem Minus von 1,7 Prozent unter diejenige von 80 Franken. Die beiden Pharmatitel seien von Plänen der Biden-Regierung zur Senkung der Medikamentenpreise belastet worden, meinte ein Händler. Bei Roche seien zudem wohl noch Gewinnmitnahmen gekommen, nachdem der Titel von Mitte Juli bis Mitte August fast 10 Prozent zugelegt hatte.
Bei den grössten Verlierern war mit Sonova (-1,1%) ausserdem eine weiterer Aktie aus dem Gesundheitssektor. Der Hörgeräte-Hersteller wird nächste Woche einen Investorentag abhalten, bei dem neue Impulse erwartet werden. Klar schwächer waren auch die Technologietitel Ams (-1,0%).
Die drei grössten Gewinner waren Temenos (+2,4%), Credit Suisse (+1,3%) und Holcim (+1,0%). Der Zementkonzern war in den letzten Tagen wegen der juristischen Auseinandersetzungen um die Lafarge-Aktivitäten in Syrien regelrecht unter die Räder geraten. Nun gab es Unterstützung von den Analysten von Exane BNP, welche die Aktie neu zum Kauf empfehlen.
Im breiten Markt gaben Emmi nach der Ankündigung des CEO-Wechsels Ende 2022 leicht nach (-0,7%). Urs Riedener wechselt 2023 auf den Posten des Verwaltungsratspräsidenten. Der Rücktritt sei angesichts der starken Performance in den letzten Jahren natürlich ein Verlust, hiess es im Handel, dass er als VR-Präsident die Entwicklung aber weiterhin stark beeinflussen werde, sei positiv.
Hingegen zogen Romande Energie (+4,8%) nach Halbjahreszahlen stark an. Der Westschweizer Energiekonzern hatte am Morgen angekündigt, künftig eine Vorreiterrolle bei der Dekarbonisierung in der Westschweiz einnehmen zu wollen. Ausserdem soll der Free Float der Aktie erhöht werden. Unverändert nach Zahlen gingen derweil SF Urban aus dem Handel.
Inficon (+1,7%) profitierten von einer Kurszielerhöhung und einer Kauf-Bestätigung durch die UBS. Im Fokus waren auch Dufry (-0,6%), die phasenweise zu den grössten Verlierern zählten. Hier belastete ein Analystenkommentar der UBS, der vor zu hohen Erwartungen beim Reisedetailhändler warnte. (awp/mc/ps)