Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat den Donnerstagshandel tiefrot beendet. Eine düstere Konjunktureinschätzung durch die US-Notenbank Fed und die Furcht vor einer zweiten Corona-Welle belasteten die Märkte in den USA, Asien und Europa. Der Leitindex SMI hatte bereits im frühen Handel deutlich abgegeben und war unter der Marke von 10’000 Punkten gefallen. Eine weitere Abwärtswelle folgte dann am Nachmittag nach der Wall-Street-Eröffnung.
Die Aussagen des Fed zur Konjunktur hatten den Hoffnungen auf eine V-förmige Wirtschaftserholung einen Dämpfer versetzt. Vor der Wirtschaft liege ein sehr unsicherer Weg, hiess es in Händlerkreisen. Insbesondere die Kommentare von Fed-Chef Jerome Powell zum Arbeitsmarkt stiessen den Investoren sauer auf, lautete der Tenor am Markt. Die jüngsten Zahlen hätten die Arbeitslosigkeit wohl unterzeichnet und Millionen Menschen würden für längere Zeit arbeitslos sein, so der Fed-Chef. In den USA haben am Nachmittag die Wochenzahlen bei den Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe einen Wert von 1,5 Millionen ausgewiesen. Das waren zwar 355’000 weniger als in der Vorwoche, ist aber immer noch ein sehr hoher Wert.
Der Schweizer Leitindex SMI schloss schliesslich 3,14 Prozent tiefer auf 9’828,58 Punkten und damit auf dem Tagestief. Der breite SPI verlor 2,83 Prozent auf 12’166,47 Punkte. Der SLI, in dem die Gewichtung der drei Schwergewichte Roche, Novartis und Nestlé gekappt ist, sackte um noch deutlichere 3,49 Prozent auf 1’465,08 Zähler ab. Mit Ausnahme von Givaudan schlossen alle 30 SLI-Werte im Minus.
Zykliker und klassische Finanzwerte kamen besonders deutlich unter Druck. Also insbesondere jene Werte, die auch in der Markterholung der vergangenen Wochen am stärksten zugelegt hatten. Der Markt sei den tatsächlichen Konjunkturrisiken in seinem Optimismus der vergangenen Wochen weit vorausgeeilt, urteilte ein Marktteilnehmer. Händler sprachen zudem von Gewinnmitnahmen nach dem zuletzt gutem Lauf. Die erneute Abkehr von Risiko bekam auch der Schweizer Franken zu spüren, der zu Euro und Dollar höher bewertet wurde.
Die grössten Abgaben Im SMI/SLI-Tableau wiesen die Titel des Chip- und Sensorenherstellers AMS (-7,4%) auf. Aber auch Papiere wie Adecco (-6,9%), LafargeHolcim (-5,1%), Clariant (-4,7%) und Richemont (-6,2%) verbuchten deutliche Kursverluste.
Die Furcht vor Kreditausfällen und die Aussicht auf lang anhaltend tiefe Zinsen belastete erneut den Finanzsektor. So sacken die Aktien der UBS um 6,0 Prozent ab und Credit Suisse verloren 6,7 Prozent. Aber auch Zurich, Swiss Re und Swiss Life (je -4,4%) sowie die Aktien von Julius Bär (-4,5%) lagen im Angebot.
Die Schwergewichte Nestlé (-1,7%) und Roche (-2,0%) verloren zwar ebenfalls klar, im Vergleich zum Gesamtmarkt aber weniger stark. Das verhinderte ein noch grösseres Minus beim Leitindex SMI. Novartis gaben 3,1 Prozent ab.
Einziger Gewinner waren die defensiven Papiere von Givaudan, die gegen den Trend um 1,5 Prozent zulegten.
Im breiten Markt kamen Titel wie die des Reisedetailhändlers Dufry (-9,7%), des Flughafen Zürich (-6,6%) oder von Orascom DH (-5,0%) unter die Räder. Letztere Firma legt am kommenden Montag Zahlen vor. Der Immobilienentwickler und Hotelbetreiber dürfte ein schwaches Quartal ausweisen. Auffällig gross waren auch die Kursverluste bei Kudelski (-11,3%), Obseva (-9,5%) oder Ascom (-8,7%).
GAM (-7,4%) litt unter einer Herabstufung durch die Analysten von Mainfirst auf Hold von zuvor Buy. Der Experte nannte die jüngste Kursentwicklung als Grund für den Schritt.
Interroll verloren trotz eines positiven Analystenkommentars 4,0 Prozent. Vontobel hatte das Kursziel erhöht. Auf lange Frist sehe er den Hersteller von Intralogistiklösungen als einen Post-Covid-19 Krisen-Gewinner, schrieb der Analyst.
Positiv fielen nachrichtenlos die Valoren der Versandapotheke Zur Rose (+6,2%), die Titel von Schlatter (+5,9%) oder der Elektrokomponenten-Hhersteller Carlo Gavazzi (+2,3%) auf. (awp/mc/ps)