Zürich – Am Schweizer Aktienmarkt ist am Donnerstag nach den Zinsentscheiden der Notenbanken rund um den Globus die Kauflaune der Anleger zurückgekehrt, die sich zuvor bedeckt gehalten hatten. Der SMI schloss mit dem Rückenwind von der Wall Street klar im Plus. Der Entscheid der helvetischen Währungshüter war von der Mehrheit der Finanzgemeinde erwartet worden. Die SNB halte ihr Pulver trocken, lautete der Tenor der Marktreaktionen. Für einige Ökonomen kam der SNB-Entscheid indes überraschend. Sie hatten nach den Entscheidungen der EZB vor einer Woche mit einer Zinssenkung gerechnet.
«Das Drehbuch für weiter steigende Aktienkurse ist geschrieben: Die Zentralbanken lockern die Geldpolitik und der Chef der Europäischen Zentralbank Draghi fordert die Bundesregierung auf, fiskalpolitisch einzugreifen», kommentierte ein Marktteilnehmer. Die Federal Reserve senkte am Vorabend ebenfalls die Zinsen und gab zudem versteckte Hinweise auf ein Anleihekaufprogramm. Ferner hofften die Anleger weiterhin auf ein Ende des Handelsstreits zwischen China und den USA. Auch die Eskalationsgefahr am Persischen Golf rückte in den Hintergrund.
Der Swiss Market Index (SMI) schloss um 0,46 Prozent im Plus bei 10’064,46 Punkten. Der 30 Aktien umfassende Swiss Leader Index (SLI), bei dem die grossen Werte nicht mit ihrem ganzen Gewicht enthalten sind, stieg um 0,50 Prozent auf 1’545,33 Zähler und der breite Swiss Performance Index (SPI) erhöhte sich um 0,40 Prozent auf 12’201,76 Zähler. Von den 30 Bluechips notieren 22 im Plus und 7 im Minus, während Clariant unverändert blieb.
«Dieses Jahr sind wir im Bullenmarkt», sagte ein Händler. 2018 habe es in den letzten Monaten des Jahres einen Crash gegeben, den niemand erwartet gehabt habe. «Dieses Jahr sind die Leute pessimistisch wegen Trump und Brexit und doch haben wir die Verluste aus dem Vorjahr aufgeholt und überholt. Wir probieren einmal mehr neue Höchst aus», sagte der Händler.
An der Spitze der Gewinner standen am Donnerstag die Banken, die von den Zinsentscheiden am meisten profitierten. Dass die US-Notenbank nicht weitere Zinssenkungen konkret in Aussicht stellte, kommt den Geldhäusern zugute. Zudem profitierten sie vom grösseren Freibetrag auf den Negativzinsen, den die SNB beschloss. Damit würden die Negativzinseinnahmen der SNB sinken, erklärten Experten: Das sei eine gute Nachricht für die Branche und werde zu einer gewissen Entlastung führen. Spitzenreiter im SMI/SLI waren Credit Suisse (+1,7%), Julius Bär (+1,6%) und UBS (+1,4%). Damit folgten die Schweizer Geldhäuser dem Trend in Europa, wo Banken durchs Band satte Kursgewinne zeigten.
Hinter den Banken legten Richemont (+1,3%) klar zu. Der Luxusgüterhersteller profitierte von den überraschend guten Daten zu den Uhrenexportdaten im August und machte einen Teil des Tauchers am Vortag wieder wett. Im Gegensatz zu den rückläufigen Gesamtexporten vermochte die Branche die Ausfuhren im vergangenen Monat zu steigern. Die wegen der dortigen Unruhen erwartbare Schwäche in Hongkong, wo ein zweistelliges Minus resultierte, wurde von der Entwicklung in Festlandchina mehr als aufgewogen. Auch Swatch zeigten Gewinne (+0,6%).
Sonst sei bei den Zyklikern und Techtiteln kein einheitlicher Trend erkennbar, sagte ein Händler. SGS (+1,3%), Temenos (+1,2%), Sika (+1,1%) wiesen höhere Kurse aus. Dagegen gaben AMS (-1,3%), Geberit (-0,6%), Logitech (-0,4%) oder ABB (-0,2%) nach.
Auch die Börsen-Schwergewichte zeigten sich nicht im Gleichschritt. Während Roche (+0,5%) den Markt nach oben zogen, legten Nestlé (+0,3%) und Novartis (+0,1%) etwas moderater zu.
Im breiten Markt stachen bei den Gewinnern Asmallworld (+7,4%), Ascom (+6,8%) und Meyer Burger (+6,4%) hervor. Bei Ascom und Meyer Burger würden gewisse Investoren einsteigen, vermutete ein Händler. Auf der anderen Seite führten die Biotech- und Pharmatitel Obseva (-9,9%), Polyphor (-9,6% und Evolva (-8,7%) den Reigen der Verlierer an. (awp/mc/pg)