CH-Schluss: Gestern alles rot – heute alles grün
Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat am Freitag zum Wochenschluss die Marke von 12’000 Punkten nicht mehr zu knacken vermocht, aber dennoch deutlich fester geschlossen. «Nachdem gestern alles tiefrot war, haben wir heute von Anfang an eine Gegenbewegung gesehen», sagte ein Händler. Was man gestern verloren habe, habe man heute wieder aufgeholt. Allerdings bestünden derzeit gewisse Zweifel an der Stärke der wirtschaftlichen Erholung und auch die anziehenden Corona-Ansteckungszahlen würden mit Skepsis beobachtet, hiess es in Marktkreisen.
Für die kommenden Tage dürfte der Markt nach Einschätzung eines Marktteilnehmers «auf hohem Niveau stabil» bleiben. «Impulse für weitere Ausschläge nach oben dürften vorläufig nicht kommen», sagte er und verwies auch auf die ohnehin ruhige Ferienzeit. Würden konjunkturseitige Hiobsbotschaften kommen, könnte es zwischendurch auch wieder zu solchen Tagen wie gestern kommen, an denen man rund ein Prozent verlieren könnte. «Aber das ist ja eigentlich gesund», sagte er.
Der SMI schloss um 0,55 Prozent höher auf 11’989,81 Punkten und notierte damit im Wochenvergleich um 0,2 Prozent höher. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, stieg um 0,51 Prozent auf 1934,93 Punkte und der breite SPI um 0,42 Prozent auf 15’408,93 Punkte. 23 SLI-Werte schlossen höher und 7 tiefer. Am Vormittag hatte der Leitindex SMI die psychologisch wichtige Marke von 12’000 Punkten mehrmals kurzzeitig überschritten, wobei der Tageshöchstwert bei 12’005 Punkten gelegen hatte.
An der Spitze schlossen Swatch mit einem Plus von 2,8 Prozent. Die Titel des Uhrenherstellers hatten am Vortag wegen dem Rauswurf aus dem SMI und einer allgemeinen Marktschwäche noch die grössten Verluste eingefahren. Nun sei das Kursniveau wieder auf einem attraktivem Niveau, hiess es am Markt, und die Börsianer griffen wieder zu. Konkurrent Richemont positionierte sich im Windschatten von Swatch und legte um 1,6 Prozent zu.
An zweiter und dritter Stelle schlossen mit den Titeln des Industriekonzerns ABB (+2,1%) und dem Personaldienstleister Adecco (+1,9%) zwei Zykliker gut ab. An vierter Stelle folgte der Spezialchemiekonzern Clariant mit einem Plus von 1,8 Prozent. Einerseits dürften hier nach den gestrigen Einbussen ebenfalls Korrektureffekte eine Rolle gespielt haben. Positive Impulse kamen aber auch zusätzlich aus Deutschland, wo der grösste Konkurrent BASF mit einem positiven Gewinnausblick die Anleger überraschte.
Zu den Gewinnern zählen zudem die Versicherer Swiss Life (+1,6%) sowie Zurich und Swiss Re (je +1,4%). Die Grossbanken UBS (+1,5%) und CS (+0,8%) verbuchten ebenfalls Gewinne. Sie profitieren von einer Gegenbewegung nach den Einbussen am Vortag wegen sinkender Anleiherenditen. Julius Bär gewannen 1 Prozent.
Die Aktien der baunahen Holcim (+1,3%) und Sika (+0,7%) profitierten von Kurszielerhöhungen. Beim Telekomtitel Swisscom (+0,8%) sorgten positive Analystenkommentare und eine Hochstufung des Ratings durch Kepler Cheuvreux für Auftrieb. Die Titel liessen sich denn auch durch negative Schlagzeilen wegen erneuten Unterbrüchen bei den Notrufnummern nicht herunterziehen.
Die Schwergewichte Novartis (+1%), Roche und Nestlé (beide -0,2%) tendierten unterschiedlich.
Grosser Verlierer war zum Wochenschluss der Hörgerätehersteller Sonova, der massive 7,1 Prozent einbüsste. Grund hierfür war eine neue Verordnung von US-Präsident Joe Biden, die den Verkauf von Hörgeräten ohne Rezept in Apotheken ermöglichen soll. Damit sollen die Amerikaner bei den Gesundheitskosten entlastet werden. Die Verordnung sorgte auch bei der Konkurrenz von Sonova für Sturzflüge. So verloren etwa William Demant 9,3, Amplifon 6,4 und GN Store 5,4 Prozent.
Im breiten Markt schlossen Polypeptide mit einen Plus von 11,0 Prozent als klare Sieger ab, an zweiter Stelle folgten Aluflexpack (+7,0%) und Schaffner (+6,6%), die sich beide von den Vortagesverlusten erholt haben. Auf dem vierten Platz fielen MCH Group auf: Sie schlossen mit 6,6 Prozent im Plus, nachdem der Geschäftsführer an einem Mediengespräch angegeben hatte, er halte eine Erholung des Messegeschäfts im Jahr 2022 für realistisch.
Zur Rose schlossen mit 2,2 Prozent im Minus. Kepler Cheuvreux zufolge soll der Sofortlieferdienst Gorillas damit liebäugeln, in den europäischen Medikamentenvertrieb einzusteigen. (awp/mc/pg)