CH-Schluss: SMI im Minus – Gewinnmitnahmen und Sektor-Rotation
Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat – nach dem freundlichen Wochenstart – am Dienstag eine Verschnaufpause eingelegt. Der Leitindex SMI tendierte tiefer und schloss mit merklichen Abgaben. Der US-Wahlsieg von Joe Biden sowie der mögliche Durchbruch bei einem Corona-Impfstoff müssten erst einmal verarbeitet werden, hiess es am Markt.
«Am raschesten verwelken die Vorschusslorbeeren», erklärte ein Marktbeobachter die aus seiner Sicht wenig überraschende Gegenbewegung. Nach der anfänglichen Euphorie reife nun die Erkenntnis, dass sich erst einmal rein gar nichts am Verlauf der Pandemie ändern werde. Es dürften daher noch «einige schwierige wirtschaftliche Monate kommen». Dabei schaue man auch auf den riesigen Schuldenberg und die zukünftige Geld- und Fiskalpolitik.
Der SMI verlor zum Schluss 0,55 Prozent auf 10’360,69 Punkte (Tagestief 10’310). Der SLI, der die 30 wichtigsten Aktien umfasst, büsste 0,43 Prozent auf 1’622,08 Zähler ein und der umfassende SPI verlor 0,57 Prozent auf 12’86096 Punkte. Von den 30 grössten Werten schlossen 18 im Minus und 12 im Plus.
Händler sprachen von einer Mischung aus Gewinnmitnahmen und allgemeiner Rotation. Die Investoren würden jetzt, da ein Impfstoff in Griffweite scheine, mehr Risiko eingehen und auf Unternehmen setzen, die zuvor schlecht abgeschnitten hatten.
Zu den Aktien, bei denen die Anleger das Potenzial vorerst offenbar als ausgereizt ansehen, zählen die Tech-Werte. So gaben etwa AMS 5,3 Prozent ab und Logitech büssten 2,7 Prozent ein. Der Hersteller von Computerzubehör hatte stark vom Home-Office-Trend profitiert.
Auch Lonza, die bisherigen Überflieger des Jahres, büssten trotz positiver News deutliche 7,1 Prozent ein und waren grösster Verlierer unter den Blue Chips. Die Basler sollen für das US-Pharmaunternehmen Altimmune einen möglichen Corona-Impfstoff herstellen.
Bei den Zyklikern zeigte sich ein stark differenziertes Bild. Dabei liessen etwa Kühne+Nagel (-2,5%), Schindler (-1,7%) und Sika (-2,2%) deutlich Federn. Auch Richemont (-2,0%) und Swatch (-0,6%) legten nach den Vortagesgewinnen den Rückwärtsgang ein. Gesucht waren hingegen LafargeHolcim (+4,8%) oder Adecco (+3,2%). Erstere wurden auch von Analystenkommentaren und einer Kurszielanhebung gestützt.
SGS (+5,6%) hat eine grössere Akquisition sowie Angaben zum Geschäftsverlauf gemeldet. Mit der Übernahme der Synlab-Prüfsparte soll das Geschäft mit Umwelt- und Lebensmitteltests deutlich vergrössert werden. Analysten sprachen von «erfreulichen Nachrichten».
Freundlich tendierten auch Banken und Versicherungen. Credit Suisse (+4,6%), UBS (+1,7%) und auch Julius Bär (+1,3%) zogen weiter an. Am Montag hatten die Finanztitel einen der besten Tage in diesem Jahr erlebt. Auch die Versicherer Swiss Life (+3,4%), Swiss Re, (+3,5%) und Zurich (+2,3%) legten kräftig zu. Allein Partners Group (-3,6%) verloren stark. Hier kam es nach der starken Performance im bisherigen Jahresverlauf zu Gewinnmitnahmen.
Bei Clariant (+2,3%) habe es nach dem Gebot von 40 North für den Katalysator-Produzenten W.R. Grace Übernahmephantasien gegeben, hiess es. Laut einem Analysten ist Clariant einer der «wahrscheinlichsten Fusions- oder Übernahmekandidaten» im europäischen Chemiesektor.
Die defensiven Schwergewichte Roche (-1,8%), Nestlé (-1,0%) und Novartis (+0,3%) schlossen uneinheitlich. Roche hat mit der deutschen Cevec eine Lizenzvereinbarung für Gentherapieprodukte geschlossen.
Am breiten Markt legten Conzzeta um deutliche 5,1 Prozent zu. Der sich in einer Transformationsphase befindende Mischkonzern kann mit dem Verkauf der Chemiesparte eine weitere Devestition abhaken. Für die verbleibende Sparte Bystronic wurden ambitiöse Wachstumsziele formuliert.
Auch hier waren weiter Papiere mit Nachholbedarf gesucht, zum Beispiel Luftfahrtaktien wie Dufry (+3,6%) und Flughafen Zürich (+3,8%). Beide Aktien waren am Montag mit zweistelligen Kursgewinnen aus dem Handel gegangen. (awp/mc/ps)