Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat sich am Donnerstag uneinheitlich gezeigt. Denn der Leitindex SMI wurde von den schwachen defensiven Schwergewichten gehemmt, obwohl die Geldpolitik, die den ganzen Tag über im Zentrum des Interesses stand, eigentlich für gute Stimmung sorgte. So legten denn auch der gekappte SLI und der breite SPI zu. Und auch an ausländischen Handelsplätzen ging es nach oben: Der deutsche DAX oder der englische FTSE100 etwa schlossen ebenfalls deutlich höher.
Die US-Notenbank Fed sorgte trotz Zinserhöhung für steigende Kurse. Das Fed hob den Leitzins nur um 25 und nicht mehr um 50 Basispunkte an. Zudem interpretierten die Marktteilnehmer die Worte von Fed-Chef Jerome Powell weniger falkenhaft als zuletzt. Zudem signalisierten US-Konjunkturdaten einen abnehmenden Lohnauftrieb. Und auch die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte den Leitzins wie erwartet um 50 BP. Die EZB stellte zudem zwar weitere 50 BP im März in Aussicht. Und EZB-Chefin Christine Lagarde machte klar, dass die Zinsen trotz konjunktureller Risiken stärker steigen würden als bisher eingepreist werde. Doch hätten die Märkte der EZB ihre Entschlossenheit nicht abgenommen und spekulierten auf ein Ende der Zinserhöhungen, hiess es am Markt. Sowohl die Aktien- als auch die Bondmärkte reagierten mit steigenden Kursen. Nun blickten die Anleger wieder stärker auf Unternehmensergebnisse aus dem In- und Ausland. Und dabei wohl vor allem in die USA, wo heute nachbörslich die Techriesen Apple, Amazon und Alphabet ihre Bücher öffnen.
Der SMI schloss nach einem Tageshoch auf 11’280 Punkten um 0,11 Prozent niedriger bei 11’188,42 Punkten. Der breite SPI legte 0,32 Prozent auf 14’467,69 Zähler zu. Der SLI, bei dem die grössten Aktien nicht mit dem ganzen Gewicht enthalten sind, gewann mit 1,39 Prozent auf 1787,48 Zähler gar deutlich mehr. Von den 30 Titeln des SLI rückten 24 vor und sechs gaben nach.
Den stärksten Abschlag bei den Bluechips verbuchten ABB (-2,8%). Zwar beurteilten Analysten den Abschluss als «insgesamt solide». Doch habe sich die Auftragsdynamik zum Jahresende hin abgeschwächt und verschiedene Sondereffekte verzerrten das Bild, hiess es weiter. Daher seien die Jahreszahlen nach dem satten Kursplus im laufenden Jahr als Anlass für Gewinnmitnahmen genommen worden.
Dahinter folgten Zurich (-2,8%) und die Pharmariesen Novartis (-2,4%) und Roche (-2,0%). Roche stellt sich anlässlich der Bilanzvorlage 2022 und nach dem Corona-Boom in den letzten Jahren auf einen Schrumpfkurs ein. Die Titel von Rivale Novartis, der am Vortag über 2022 berichtet hatte, litten unter Anschlussverkäufen.
Der Lebensmittelriese Nestlé, der schwerste SMI-Titel, büsste 1,1 Prozent ein. Diese drei Schwergewichte waren es, die den SMI im Minus hielten. Defensive Werte hätten derzeit gegenüber Wachstums- und Finanzwerten einfach das Nachsehen, meinte ein Händler.
Bei den Finanzwerten honorierten die Anleger den Jahresbericht von Julius Bär (+3,3%). Der Vermögensverwalter verzeichnete in einem von rückläufigen Märkten geprägten Jahr ein laut Analysten «solides» Ergebnis. Gesucht waren zudem die Banken UBS (+1,4%) und CS (+4,5%).
Zu einem wahren Kursfeuerwerk kam es bei den Wachstums- und Technologiewerten, bei denen es wegen der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Zinserhöhungen beidseits des Atlantiks zu einem «Short Squeeze» gekommen sei, sagte ein Händler. Starke Gewinne verzeichneten Partners Group (+9,2%). Aber auch AMS Osram (+7,1%), VAT (+6,9%), Temenos (+5,4%), Lonza (+4,9%), Geberit (+5,3%), Sika (+5,9%), Kühne + Nagel (+7,8%) und Sonova (+5,5%) fielen mit starken Avancen auf. Diese Papiere standen 2022 allerdings massiv unter Druck. Zusätzlicher Rückenwind kam von den günstigeren Zinssausichten und dem Rally an der Nasdaq.
Straumann sprangen sogar um 12 Prozent nach oben. Händler verwiesen auf starke Zahlen des US-Mitbewerbers Align Technology.
Im breiten Markt schossen die Valoren der Onlineapotheke Zur Rose um 17 Prozent nach oben. Hier sorgten einmal mehr Hoffnungen auf die baldige Einführung des E-Rezeptes für Aufwind. (awp/mc/pg)