CH-Schluss: SMI von Ukraine-Hoffnungen beflügelt
Zürich – Am Dienstag ist im Tagesverlauf merklich Zug in den Schweizer Aktienmarkt gekommen. Der SMI schloss schliesslich über der Marke von 12’300 Punkten. Händler verwiesen auf die jüngsten Entwicklungen im Ukraine-Krieg, die bei Investoren gewisse Hoffnungen auslösten. Denn die türkische Regierung wertete die Ergebnisse der Friedensverhandlungen in Istanbul als klare Schritte zu einem Ende des Kriegs.
Bei den Gesprächen der russischen und ukrainischen Delegation seien «die bedeutendsten Fortschritte» seit Beginn der Gespräche erzielt worden. «Die nächsten Tage könnten entscheidend sein, aber die Anzeichen sind vielversprechend, was sich heute auch an den Märkten widerspiegelte», kommentierte ein Experte. Ein anderer war kritischer: «Da der Krieg noch nicht beendet ist und vor allem die wirtschaftlichen Folgen der Sanktionen gegen Russland noch lange nicht abschätzbar sind, preisen die Anleger die Unsicherheit vielleicht etwas zu früh wieder aus», sagte er.
Der SMI gewann bis Börsenschluss 1,40 Prozent hinzu auf 12’325,58 Punkte. Beim SLI, in dem die Gewichtung der Einzelwerte stärker gekappt ist, ging es um 1,99 Prozent aufwärts auf 1955,45 Punkte und der breite SPI gewann 1,24 Prozent auf 15’722,36 Zähler. Im SLI standen 27 Gewinner drei Verlierern gegenüber.
Bei den Einzelaktien fielen im SLI vor allem Swatch (+5,7%) und Richemont (+6,9%) mit massiven Kursgewinnen auf. Swatch hatten bereits zum Wochenstart zu den grössten Gewinnern gezählt, nachdem die Lancierung der «Moonswatch» einen regelrechten Hype ausgelöst hatte. Ausserdem wurden Leerverkäufer von der jüngsten Kursstärke auf dem falschen Fuss erwischt und flüchteten nun aus ihren Wetten, berichteten Händler.
Ebenfalls stark gesucht waren die Sonova-Aktien (+5,7%), nachdem der Hörgerätespezialist ein im letzten Juni gestartetes Aktienrückkaufprogramm bereits abgeschlossen hat und gleichzeitig ein neues Programm mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren ankündigte.
Bergauf ging es ausserdem für Adecco (+4,1%). Der Personalvermittler hatte ein Update zur Guidance veröffentlicht. Die Gruppe hält die am Investorentag genannten Wachstumsziele für die beiden Bereiche LHH und Akkodis für realistisch, auch wenn sich die Konjunktur eintrüben sollte.
Zudem griffen Investoren verstärkt bei jenen Titeln zu, die im bisherigen Jahresverlauf überdurchschnittlich stark nachgegeben haben. Sika, Partners Group, Straumann und auch Temenos gewannen zwischen 2,1 und 5,1 Prozent. Seit Jahresbeginn hatten sie alle um mehr als 20 Prozent nachgegeben.
Neben Partners Group waren aber noch weitere Finanzwerte gesucht. So zogen auch Julius Bär, die CS oder auch die UBS mit Kursgewinnen von mindestens 2,8 Prozent überdurchschnittlich stark an. Gerade Finanzwerte gelten als mögliche Nutzniesser steigender Zinsen. Während in den USA die Zinserwartungen weiter stiegen, werde auch mit Blick auf die EZB mehr und mehr auf Zinserhöhungen gewettet, hiess es in einem aktuellen Kommentar.
Zu den wenigen Verlierern gehörten Kühne+Nagel (-4,5%), nachdem die Experten der Deutschen Bank die Daumen für den Logistiker gesenkt und Rating und Kursziel gekappt hatten.
Auch mit Roche (-0,3%) ging es bergab. Die Titel würden schon seit Montag als «Geld-Quelle» für Umschichtungen in Richtung Finanzwerte und Zykliker «missbraucht», meinte ein Händler. Die anderen beiden defensiven Schwergewichte Nestlé und Novartis (+0,4%; +0,5%) gehörten allerdings auch nicht gerade zu den Überfliegern.
In der zweiten Reihe gehörten Aryzta (+3,5% auf 0,998 Franken) zu den Gewinnern. Sie kratzten an der Kursmarke von einem Franken. Händler erklärten sich das Interesse am Backwarenhersteller mit einem Kommentar der UBS.
Im breiten Markt stachen auch die Aktien des Börsenneulings Talenthouse hervor, die ein Plus von 51 Prozent aufwiesen. Die Papiere sind neu an der SIX Swiss Exchange kotiert und zum Handel zugelassen. Talenthouse war früher ein Portfoliounternehmen der New Value. (awp/mc/pg)