CH-Schluss: Schwächer – EU-Gipfel-Enttäuschung einpreisen
Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat am Montag deutlich über Tagestief schwächer geschlossen. Nach wie vor dominierten Konjunktursorgen und die ungelöste Eurokrise die Stimmung, waren sich Marktbeobachter einig. Am Wochenende seien Fortschritte mit Blick auf die Euro-Zone ausgeblieben, und zudem würden die Hoffnungen auf den Euro-Gipfel mehr und mehr schwinden. Besser als erwartet ausgefallene Immobiliendaten aus den USA stützten die Aktienmärkte nur kurz, und auch die Wall Street zeigte sich in der ersten Handelsphase schwächer.
In der Schlussauktion reduzierte der hiesige Markt die Verluste noch etwas. Marktbeobachter begründeten dies mit der Erwartung einer möglichen technischen Reaktion am Dienstag. Anleger befürchteten zum Wochenanfang, dass am Euro-Gipfel wiederum keine Lösung für die seit nunmehr zwei Jahren schwelende Euro-Krise gefunden wird. Nach einem Kommentar eines Händlers werde langsam eine Enttäuschung eingepreist. Gesprochen wird am Gipfel über eine Bankenunion, Eurobonds sowie weitere Wachstumsmassnahmen. Ebenfalls belastet wurden die Märkte von Konjunktursorgen um China und die USA.
Das wichtigste Schweizer Börsenbarometer SMI schloss um 0,75% tiefer auf dem Stand von 5’944,48 Punkten (Tagestief: 5’913). Der 30 Titel umfassende, gekappte Swiss Leader Index (SLI) verlor um 1,10% auf 881,67 und der breite Swiss Performance Index (SPI) um 0,82% auf 5’522,13 Zähler.
Die meisten SMI/SLI-Titel gaben nach. Die grössten Verluste verzeichneten Nobel Biocare (-4,6%), gefolgt von Clariant (-3,1%). Die Abgaben von Nobel Biocare und aus dem breiten Markt von Straumann (-3,1%) wurden im Handel auf eine Studie von Merrill Lynch zurückgeführt, in der die Wachstumsprognosen der Dentalimplantat-Hersteller gesenkt worden waren.
Für die ABB-Aktie (-2,8%) hatte JPMorgan das Rating auf «Underweight» von bisher «Neutral» gesenkt. In ihrer Analyse zum europäischen Investitionsgütermarkt äusserten die Experten Sorgen bezüglich der Resultate des Technologie-Konzerns für das zweite Quartal.
Auch andere Zykliker wie Adecco (-2,7%), Kühne+Nagel sowie Sika (je -2,5%) und Lonza (-2,1%) litten deutlich unter Konjunktursorgen. Demgegenüber konnten sich die spätzyklischen Schindler (PS +0,5%) sowie auch Givaudan (+0,6%) und Syngenta (+0,3%) dem Abwärtstrend entziehen.
Finanzwerte wurden infolge der Unsicherheiten um die Euro-Krise abgestossen. So verloren UBS um 3,0% und Credit Suisse um 2,7%. In der Wochenendpresse wurde zudem berichtet, dass die zuletzt wegen ihrer tiefen Eigenkapitaldecke kritisierte Credit Suisse die Platzierung einer Wandelanleihe über 6 Mrd CHF, welche für 2013 geplant war, in dieses Jahr vorziehen könnte. Am Markt wurde die Nachricht negativ gewertet, relativiere das doch die kürzlich vom CS-Verwaltungsrat gemachte Aussage, wonach die Grossbank ausreichend finanziert sei.
Die Versicherer Bâloise (-2,2%), Swiss Life (-2,0%) sowie Zurich Insurance (-1,3%) gaben ebenfalls deutlich nach. Swiss Re (-0,4%) hielten sich besser.
Der Hörgerätehersteller Sonova (Aktie -1,1%) wird in Frankreich von Akustikern kritisiert, eine 2008 vollzogene Übernahme eines Grosshändlers erst kürzlich kommuniziert zu haben, wie der Wochenendpresse zu entnehmen war. Deshalb haben 400 Personen einen Boykottaufruf gegen das Unternehmen unterzeichnet. Inwiefern sich dies auf den Umsatz auswirken werde, sei noch nicht abschätzbar, hiess es von Sonova.
Unter den defensiven Valoren stützten Nestlé (+0,5%), während Roche (GS -0,9%) und Novartis (-1,0%) verloren.
Avancen erzielten auch Actelion (+1,2%). Die Analysten der Exane BNP hatten in einer Studie ihr Fazit bestätigt, wonach Actelion ein attraktiver Übernahmekandidat sei.
Im breiten Markt geht der Hedge-Fund-Spezialist Gottex (-2,8%) für das erste Halbjahr 2012 von einem «kleinen operativen Verlust» aus.
Der Telemedizinanbieter SHL (Aktie -0,7%) hatte für sein neues Produkt Smartheart die Zulassung der US-Gesundheitsbehörde FDA erhalten. Das Produkt ist in Europa bereits zugelassen.
Weiter wurden am Berichtstag Oridion nach der geglückten Übernahme durch Covidien zum letzten Mal gehandelt. Die Aktie gewann um 3,1% auf 21,95 CHF.
DKSH (-2,0%) hatte die Übernahme der australischen ElectCables bekannt gegeben, welche 2011 einen Umsatz von 21 Mio CHF erwirtschaftete. (awp/mc/upd/ps)