Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat am Dienstag im tiefroten Bereich geschlossen. Nachdem der Schweizer Leitindex SMI in der Eröffnungsphase zeitweise noch über der 8’700-Punkte-Marke notiert hatte, fiel er am späten Nachmittag unter die Schwelle von 8’500 Zählern. Er erlitt somit einen der grössten Tagesverluste im laufenden Jahr. Nur auf dem Höhepunkt der China-Sorgen Ende August und nach der Aufhebung des Mindestkurses im Januar verzeichnete er noch grössere Einbrüche. Laut Händlern herrschten zeitweise fast panikartige Zustände. Auch an anderen europäischen Börsen ging es zum Teil in ähnlichem Ausmass bergab.
Analysten erklärten sich die Verwerfungen mit starken globalen Wachstumssorgen und mit den Nachwehen des «Nullentscheids» der US-Notenbank von vergangener Woche. Man könne nicht die Märkte ein Jahr lang auf einen Zinsanstieg vorbereiten und diesen dann wegen der China-Sorgen kurzfristig abblasen, meinte ein Experte. Fed-Chefin Janet Yellen habe jedenfalls am Markt einen grossen Vertrauensverlust erlitten. Auch für die kommenden Tage ist gemäss den Fachleuten mit einer hohen Volatilität zu rechnen. Der Schweizer Volatilitätsindex, der als Angstbarometer der Investoren gilt, legte am Dienstag um über 17% zu.
Der Swiss Market Index (SMI) schloss 3,49% tiefer bei 8’475,47 Punkten und damit auf dem Tagestief. Der 30 Titel umfassende, in der Titelgewichtung gekappte Swiss Leader Index (SLI) gab um 3,26% auf 1’251,31 und der breite Swiss Performance Index (SPI) ebenfalls um 3,26% auf 8’667,22 Zähler nach. Sämtliche 30 Blue Chips schlossen im Minus.
Die grössten Verluste unter den Schweizer Blue Chips erlitten LafargeHolcim (-5,2%). Die Zementaktien sind stark abhängig vom Gang der Weltwirtschaft und insbesondere der Konjunktur in den Schwellenländern. Diesbezüglich hatte die US-Notenbank letzte Woche ein grosses Fragezeichen gesetzt. Eine Kurszielsenkung für die LafargeHolcim-Papiere durch einen Bankanalysten war am Berichtstag Ausdruck dieser Stimmung.
Dahinter folgten vier Titel, die um über 4% nachgeben. Zu dieser Gruppe gehörte das Pharmaschwergewicht Novartis (-4,6%). Auch Roche (-3,6%) und Actelion (-3,1%) erlitten deutliche Einbussen. Händler verwiesen auf Ankündigungen der demokratischen US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, sie wolle den überhöhten Preisen von Medikamenten den Kampf ansagen und einen Plan gegen «Wucher» vorlegen.
Mehr als 4% büssten ausserdem die Zurich-Valoren (-4,6%) ein, die am Vortag noch grösste Verlierer im Feld der Blue Chips waren. Nach einer Gewinnwarnung und dem abgesagten RSA-Deal zu Wochenbeginn kürzten am Berichtstag weitere Analysehäuser ihre Kursziele für die Aktie.
Stark unter Druck waren den ganzen Tag über auch Swatch (-4,2%). Die jüngsten Exportzahlen würden gegen den Uhrenkonzern und für den Konkurrenten Richemont (Aktie -2,8%) sprechen, meinten die Analysten von Kepler. Die Schweizer Uhrenexporte sind im August erneut zurückgegangen, und dabei vor allem im tiefpreisigen Segment, in dem Swatch stärker vertreten ist.
Auch Clariant (-4,3%) zählten bei Handelsende zum «Club» der Titel mit Verlusten von über 4%.
Am besten hielten sich auf der anderen Seite Transocean (-0,1%). Die Papiere des Ölservice-Unternehmens hatten lange Zeit ebenfalls zu den grössten Verlierern gezählt, der Stimmungsumschwung kam mit Handelseröffnung in New York, wo der Haupthandel stattfindet.
Klar unterdurchschnittliche Einbussen von unter 2% wiesen am Schluss des Handelstags ausserdem Kühne+Nagel (-1,8%) und Galenica (-1,9%) aus.
Im breiten Markt lag das Hauptaugenmerk auf den Sunrise-Papieren, die sich mit +1,1% angesichts des allgemeinen Kursrutsches sehr gut behaupteten. Das Unternehmen kündigte am Dienstagmorgen Sparmassnahmen, einen Stellenabbau sowie das Zusammenlegen von Einheiten an. Die Aktie notiert aber trotz der aktuellen Gewinne noch immer weit unter dem Kurs, den sie beim Börsengang im letzten Februar hatte.
Auffälligere Kursgewinne wiesen im breiten Segment ausserdem Carlo Gavazzi (+3,0%) aus, überdurchschnittliche Verluste erlitten hingegen Myriad (-12%) und Gottex (-10,5%). (awp/mc/upd/ps)